Wir sind die Guten

So heißt der Titel des im Juli 2014 erschienenen Buches von Mathias Bröckers und Paul Schreyer. Das Buch zeigt dem Leser die „Ansichten eines Putinverstehers“ und bringt u.a. mit Zuhilfenahme Krügers Dissertation „Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten…“  Licht ins Dunkel westlicher Berichterstattung über den aktuellen Ukraine-Konflikt. Bröckers gehört laut Selbstbeschreibung zur Gründergeneration der taz und arbeitete als Autor für DIE ZEIT. Das Buch will den eigentlichen Interessenskonflikt zwischen West- und Ost aus der östlichen Perspektive veranschaulichen. Dabei gehen die Autoren über die gängige und z.T. notwendige Simplifizierung unserer Mainstream-Nachrichtenmedien hinaus.

„Im Bürgerkrieg in der Ukraine geht es nicht um Demokratie und Menschenrechte, sondern um die Macht im  ››Großen Spiel‹‹: um Ressourcen und Kontrolle des Planeten. Russland und Iran, die zusammen über die Hälfte aller Öl- und Gasreserven der Welt verfügen, stehen der einzigen Supermacht nicht wegen ihrer religiös-fundamentalistischen oder autokratischen Ausrichtung im Wege, sondern weil sie die Profite aus ihren Bodenschätzen selbst einstreichen und transnationale Konzerne weitgehend außen vor halten.“ (Bröckers, Schreyer. 2014. S.177)

Buchcover
Buchcover

Hervorgegangen aus einem Disput über eine zukünftige Handelsunion zwischen West und Ost hat sich die Lage in der Ukraine längst zu einem militärischen Konflikt entwickelt. Die Autoren berufen sich bei ihrer Schilderung u.a. auf die US- Militärdoktrin einer „Full Spectrum Dominance“. Demnach müsse ein starkes, einiges und unabhängiges Europa als Gegengewicht der bisweilen einzigen Weltmacht, USA, verhindern werden. Die Lektüre bietet interessante Erkenntnisse über das Beziehungsgeflecht zwischen der transatlantischen Denkfabrik Atlantic Council in Washington, „die im Wesentlichen die Aktivitäten der Nato sowie die Entwicklung des Freihandels unterstützt“ und einem einflussreichen Eliten- Netzwerk aus Wirtschaft, Medien und Politik. (Bröckers, Schreyer. 2014. S.107) Ebenfalls aufschlussreich ist das Kapitel über „Öl, Gas und Sicherheit“, dass im Hinblick auf das weit verzweigte Pipelinesystem im „eurasischen ‹‹Heartland››“  unseren Kontinent mit dem Lebenssaft der westlichen Industrie und Wohlstandsgrundlage versorgt. Eine unabhängige europäische Energieversorgung könne demnach nicht im Interesse der Amerikaner sein, denen es im Schwarzen Meer auch selbst um Förderrechte und eventuell einen neuen Absatzmarkt ihres Schiefergases geht. Eine gleichzeitige Schwächung Russlands als Energielieferanten fördere zudem US- amerikanische Dominanz. „Die Gazprom-Pipeline Blue Stream läuft bereits bis in die Türkei, ihre geplante Verlängerung nach Syrien und ans Mittelmeer spielt unter anderem auch für den dortigen Konflikt eine Rolle.“  (Bröckers, Schreyer. 2014. S.63) Das komplexe Gefüge zwischen den kontrahierenden Staaten und Wirtschaftsinteressen kann hier natürlich nicht vollkommen aufgedeckt werden. Jedoch werden (mögliche) Zusammenhänge geschildert, auf deren Beschreibung unsere Leitmedien aus den verschiedensten Gründen verzichten.

Die zum Teil leicht tendenziöse Wortwahl zeigt dem Leser gleich zu Beginn aus welcher politischen Richtung der Wind weht, dies wird jedoch schon aus dem Titel des Buches und der zugehörigen Webseite putinversteher.info ersichtlich. Insgesamt lohnt sie die Lektüre in jedem Falle, so bietet das Buch einen weiteren Mosaikstein zum Gesamtbild unserer politischen Landkarte. Denn nicht nur der Orient ist im Umbruch.

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