Eine Rochade auf dem Schlachtfeld?

Nach der Annexion der Krim durch Russland ist es in Osteuropa zu weiteren Eskalationen gekommen – eine Schlägerei im Kiewer Parlament zwischen Rechten Nationalisten und Kommunisten. Die Ukraine scheint bisher mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. In östlich gelegenen Donezk wurde ein Verwaltungsgebäude besetzt und „am Montag eine souveräne Volksrepublik ausgerufen.“ Bis spätestens am 11. Mai soll ein Referendum für den Anschluss an die Russische Förderation abgehalten werden. Mit einer Mehrheit wird nicht gerechnet. Russland scheint die selbsternannte Vertretung nicht anzuerkennen und im Gegensatz zur Krim auch keine Truppen zu schicken. US-Außenminister Kerry will Verbindungen der Aufständischen zu Russland sehen. ‹‹In einem Telefonat sagte Kerry, die Aktionen seien anscheinend “keine spontane Reihe von Ereignissen”, sondern eine “orchestrierte Kampagne mit russischer Unterstützung”.›› (Spiegel Online. 08.04.14) Natürlich schaltet sich auch NATO-Generalsekretär Rasmussen ein und fordert neue Aufrüstung und Entsendung der Militärs. (s. Spiegel Online. 08.04.14)

Ukraine Donezk
Quelle: Sven Teschke wikimedia.org

Zu einer Zeit in der alle Augen und Ohren auf Europa und die Ukraine gerichtet sind, meldet die New York Times von einer überraschenden Wende im syrischen Bürgerkrieg. Ohne endgültige Entwarnung zu geben, titelt sie „Relative Ruhe in Teilen Syrien ist trügerisch“ und spricht von einer Änderung der Atmosphäre in Damaskus. Regierungskräfte haben demnach die letzten Posten der Aufständischen entlang der Libanesischen Grenze eingenommen und einen strategischen Korridor von Damaskus zur Küste unter ihrer Kontrolle.

„[T]he message from the government is clear: It is winning, and it can afford to be magnanimous…Its opponents, armed and unarmed, are pulling back and accepting defeat in some areas – for now.“ (Barnhard. In: NYT. 05.04.14)

In Homs wurde von der Regierung zur Bestürzung einiger ihrer Anhänger Evakuierungen und Straferlass der Rebellen angeordnet. „Just 600 of what had been a force of 1,500 fighters remain in the Old City…with a dozen leaving daily.“ (Barnhard. In: NYT. 05.04.14) Großmütig wolle die Regierung Assad von Rache Abstand nehmen und betrachte die meisten Aufständischen als Mitläufer und Söldner ohne politische Motive. Trügerisch ist die momentane Situation, weil die Zukunft in Syrien nicht abzusehen ist. Tote, Verletzte und Kriegsverbrechen hinterlassen eben Spuren. Umgeschwenkt ist ebenso der Tonfall in der New York Times, die in ihrem Bericht nun von Wendehälsen im Kampf gegen Assad spricht. Auch wenn einige weiterkämpfen wollen ‹‹others say fighters are giving up for lack of arms…”Now there is no point, no money, no weapons,”said one shopkeeper ›› (Barnhard. In: NYT. 05.04.14)

Siege of Homs (February)

Mehr Waffen und Geld fordert NATO-Generalsekretär Rasmussen jetzt an die Grenze zu Russland. Russland und die Vereinigten Staaten sind in ständigen Gesprächen, heute meldet Spiegel Online dass US-Außenminister Kerry und sein russischer Amtskollege Lawrov  aus aktuellem Anlass in der Ukraine bald wieder zusammen verhandeln wollen. Ende März haben die Präsidenten Obama und Putin ein persönliches Telefongespräch geführt und über eine friedliche Einigung in der Ukraine-Krise beraten. Darum ging es auch um das bevorstehende Treffen zwischen Kerry und Lawrov.

„Mr. Obama took the call from Mr. Putin at the Ritz-Carlton Hotel in Riyadh, Saudi Arabia, after finishing a two-hour dinner with King Abdullah to discuss Iran, Syria and ohter security issues.” (NYT. 28.03.14)

Putin habe mögliche Schritte vorgeschlagen, wie die Weltgemeinschaft zur Stabilisierung der Situation beitragen könne. Weder der Kreml noch das Weiße Haus haben sich laut NYT konkret zu den Maßnahmen geäußert. Das Weiße Haus sagt Putin habe auf einen amerikanischen Vorschlag geantwortet, den Außenminister Kerry seinem Kollegen Lawrov zuvor in Den Haag gemacht habe. Ein Vorschlag, der in Konsultationen mit der ukrainischen Interimsregierung und den europäischen Verbündeten ausgehandelt worden ist.

„Mr. Kerry and Mr. Lavrov have been passing a „working document“ back and forth that explores ways for the Russians to pull back militarily, as well as ideas for how the international community could support constitutional reform in Ukraine.” (NYT. 28.03.14)

Da trifft es sich wohl gut dass sich Obama vor dem Telefonat mit Putin in Saudi-Arabien aufgehalten hat, um dort über Iran, Syrien und andere Sicherheitsangelegenheiten zu beraten. Saudi-Arabien ist bekanntlich nicht nur (Handels-)Partner der Vereinigten Staaten, sondern auch Unterstützer der syrischen Rebellen im Kampf gegen die iranisch-syrische Vorherrschaft im Mittleren Osten. (s. DW. 23.01.14) Ob Gastgeber Abdullah mit Hilfe der CIA die syrische Opposition nach Obamas Telefonat weiterhin mit Waffen unterstützt, um Putins Protegé Assad zu stürzen?

‹‹others say fighters are giving up for lack of arms…”Now there is no point, no money, no weapons,”said one shopkeeper ›› (Barnhard. In: NYT. 05.04.14)

In Syrien scheint ein Ende des Bürgerkrieges in Sicht. Doch Europa wartet jetzt auf eine friedliche Einigung in der Ukraine-Krise. Schon damals stellte sich die Frage:

‹‹A major question is wheater Russia and the United States could make some kind of grand bargain “to exchange Syria for the Ukraine, whereby the Kremlin will abondon Assad in return for Washington and Brussels´abandoning their allies in Kiev, or vice versa,” as Uraib al-Rintawi, a commentator at the Jordanien newspaper Al Dostor, put it.›› (Landler and Barnard. In: NYT. 03.03.14)

Die Krim hat Putin mittlerweile in sein Reich integriert. Reicht ihm die kleine Insel, oder will er jetzt etwa das ganze Land?

Siehe auch hierzu: