Der Stresstest zur Resilienz europäischer Banken ist bestanden.
“Die Aufseher stellten bei der Überprüfung der Jahresbilanzen 2013 und einem Stresstest eine Kapitallücke von insgesamt 25 Milliarden Euro bei diesen Banken fest, wie die EZB am Sonntag in Frankfurt mitteilte.
Damit deckt sich die Zahl der Durchfaller in etwa mit den Erwartungen an den Finanzmärkten.” (Spiegel Online. 26.10.14)
Die Tendenz sei positiv, die Lücken bzw. Defizite würden zunehmend geschlossen und in Deutschland wird eine einzige Bank zum Sorgenkind degradiert. Viele Durchfaller sitzen im Ausland, z.B. Griechenland und Italien. Die EZB, die für Milliarden Euro Schuldpapiere aufkauft, soll im November die Aufsicht über die 120 größten europäischen Banken erhalten.
“EZB-Präsident Mario Draghi hatte kürzlich erklärt, die Zentralbank könne theoretisch für bis zu eine Billion Euro Verbriefungen und Pfandbriefe kaufen. Tatsächlich soll das Volumen aber niedriger ausfallen.” (Manager Magazin. 20.10.14)
Der Banken-Stresstest soll Vertrauen schaffen, so Spiegel Online.
“Freilich weiß man nicht wirklich, wie die Finanzinsitute verschiedener Länder genau miteinander verflochten sind. Wie erwähnt können gerade auch von internationalen Organisationen veranstaltete sogenannte ‹‹Stresstests›› darüber nichts aussagen, einmal weil sie nur mit den Daten rechnen können, die der Finanzaufsicht vorliegen und die diese weitergibt, und zum anderen, weil sie von vornherein so gestaltet werden müssen, dass ihre Ergebnisse auch im schlimmsten Fall keine Panik auslösen.” (Streeck. 2013. Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus. S.131)
Im (noch) aktuellen Spiegel- Titelthema wird der US-Bankanalyst Mike Mayo zitiert:
‹‹”Die gleichen falschen Anreize, die schon die Finanzkrise ausgelöst haben, sind auch heute noch intakt.” Die Bankchefs verdienen wieder so viel wie vor der Krise, obwohl ein Großteil der Institute vom Staat gerettet werden musste. Die größten Großbanken sind nicht wie vorgesehen geschrumpft, sondern noch größer geworden…Das Problem sei nicht das einzelne Institut, das Problem sei das System.”›› (Spiegel.de. 23.10.14. The Zombie System: How Capitalism Has Gone Off the Rails)
Die Stimmen der Kritiker häufen sich nach Piketty , Papst Franziskus et al. Nun positioniert sich auch der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Ex-IWF und vormalige Goldman Sachs Mitarbeiter Thomas Mayer und verwandelt sich vom Vertreter des Finanzkapitalismus zum Kritiker:
‹‹”Die Geldordnung, auf der unser gesamtes Wirtschaftssystem basiert, ist zum Scheitern verurteilt. Wir brauchen ein neues System – eines, das die Banken entmachtet.”…
Im Jahr 2010 stieg Mayer bei der Deutschen Bank zum Chefvolkswirt auf, einer der renommiertesten Posten des Hauses. Doch da nagten längst die Zweifel an ihm.
Drei Jahre zuvor war die Finanzkrise über die Welt hereingebrochen – ausgelöst durch ein Schuldeninferno, unter dessen Folgen die großen Volkswirtschaften heute noch immer leiden. Große Banken gerieten ins Wanken. Thomas Mayer saß in seinem Frankfurter Büro und begann, nach neuen Antworten zu suchen. “Je mehr ich mich damit beschäftigte”, erzählt er, “desto klarer wurde mir, dass das ein Problem im System ist.” ›› (Spiegel Online. 13.10.14)
Ist die Demokratie bzw. Politik stark genug die Abwärtsspirale in Form einer auseinander klaffenden Schere zwischen Arm und Reich abzuwenden? Der türkische Ökonom Daron Acemoglu zählt laut Spiegel-Titeltema zu den zehn einflussreichsten Ökonomen der Welt.
Er konstatiere einen wachsenden Einfluss mächtiger Interessengruppen.
‹‹”Das Problem des Geldes in der Politik“, sagt Acemoglu, “ist im Fall der Finanzindustrie besonders akut.” Bis zu 70 Prozent ihrer Zeit verbringen US-Politiker damit, Geld für ihre Wahlkämpfe aufzutreiben, und die Wall Street ist eine ihre[r] wichtigsten Quellen.” (Der Spiegel. 20.10.14. S.76)
So berichtet auch die New York Times über erfolgreiche Lobby-Anstrengungen der US-Finanzindustrie.
“The overhaul of the state lending laws comes after a lobbying push by the consumer loan industry and a wave of campaign donations to state lawmakers.” (Corkery, In: NYT. 21.10.14)
In acht US-Bundesstaaten dürfen nach einem neuen Gesetz Privatschuldner mit fragwürdiger Bonität bei Schuldzinsen richtig zur Kasse gebeten werden. Ein neu verabschiedetes Gesetz erlaubt nun Schuldzinsen von über 30% auf den ersten $4000 Kredit und 24 % auf die nächsten $4000. Vorher hat der maximal zulässige Zinssatz bei US-Krediten bis $1000 bei 30% gelegen. Natürlich sollte das Ausfallrisiko möglichst gering ausfallen und die Anreize für neue Kreditaufnahmen bei geringer Bonität möglichst gering sein. Doch der Finanzsektor macht trotzdem seinen Profit.
“making personal loans to people on the financial margins can be a highly profitable business — even before state lending laws were changed. Last year, OneMain’s profit increased 31 percent from 2012.” (Corkery, In: NYT. 21.10.14)
Also musste der Gesetzgeber von der Notwendigkeit des neuen Gesetzes überzeugt werden:
“North Carolina lawmakers, meanwhile, collected hundreds of thousands of dollars in campaign donations from the consumer finance industry. Speaker Thom Tillis, who supported the bill in the House, was one of the biggest beneficiaries. Mr. Tillis, a Republican who is running for United States Senate, has received more money from the American Financial Services Association than any other Senate candidate, according to OpenSecrets.org.” (Corkery, In: NYT. 21.10.14)
Der Citygroup-Ableger OneMain, der für unsichere (Schrott-)Papiere und Geschäftskredite bestehe, machte laut NYT in den letzten Jahre gute Geschäfte. Bei 1,3 Millionen Kundenkonten bietet OneMain ihren Schuldnern ungesicherte Folgekredite mit Zinssätzen bis zu 36 %. Für den Finanzmarkt wohl ein lohnendes Geschäft. Doch 60 % der Kredite würden zur Abzahlung laufender Kredite aufgenommen, was einer Schuldenmaskerade gleichkomme. (vgl. Corkery, In: NYT. 21.10.14)