Die Ukraine – ein wahrer Goldschatz?

Mit dem Streit um ein Handelsabkommen zwischen der EU und der Ukraine haben die diplomatischen Verwerfungen und Proteste angefangen. Am Ende bekommt die EU ihr Assozierungsabkommen und Russland die Krim.

Für unsere Wirtschaft und den eigenen Wohlstand ist die Osterweiterung der EU ertragreich, aber für die Bürger auch erträglich? Durch Auslagerung der Arbeitskräfte nach Osteuropa können hiesige Betriebs- und Lohnkosten eingespart werden. Jetzt bekommen auch die Polen und Tschechen Konkurrenz. Auf eine neue Regierung kann von Beginn an politisch und finanziell Einfluss ausgeübt werden, angefangen bei der Unterstützung der Protestbewegung und Opposition bereits vor dem Regierungswechsel. Deutsche Firmen haben sich in der Ukraine bereits angesiedelt und profitieren von günstigen Lohnkosten, das Wort Nearshoring macht die Runde. Ein gemeinsamer Markt spart Zölle und damit verbundene Kosten, bringt einen Wettbewerbsvorteil für die Handelpartner, schließt andere vom Handel aus und bedeutet für die Arbeiter in der Ukraine sozialen Aufstieg. Soweit die Theorie. Doch wer die ehemalige Sowjetrepublik in den Schoss nimmt, muss auch für stabile Verhältnisse vor Ort sorgen. Der Staatsbankrott und daraus resultierende Unsicherheiten und Instabilitäten müssen verhindert werden.

„Es geht um einen Milliardenkredit, der den drohenden Staatsbankrott verhindern soll…Die EU hat zwei Milliarden Dollar versprochen, die Weltbank drei und die Amerikaner geben eine Milliarde. Insgesamt sollen 25 bis 30 Milliarden Dollar mobilisiert werden. So viel braucht das Land allein, um über die nächsten beiden Jahre zu kommen.“ (Schieritz. In: DIE ZEIT. 27.03.14. S.10)

Doch was ist das schon gegen europäische Notkredite und Bürgschaften allein für Zypern im Wert von 9 Billionen Euro plus 1 Billion vom Internationalen Währungsfond? Dafür haben die Mittelmeer-Anrainer gut 15 Jahre Zeit, bis zur fälligen Rückzahlung. Was passieren kann wenn man sich bei der Schwesterorganisation des Internationalen Währungsfonds  Geld leiht, beschreibt der ehemalige Economic Hit Man Perkins.

Quelle: ESM-Webseite
Quelle: ESM-Webseite

Damit wieder Geld in die Kassen fließt müssen also von den Schuldnern Auflagen erfüllt werden. „Im ESM-Vertrag ist zudem festgeschrieben, dass jeder Mitgliedstaat, der Hilfe durch den ESM erhält, ein makroökonomisches Anpassungsprogramm umsetzen muss …(Art. 12, Art. 13 Abs. 3 ESM-Vertrag).“ (Wikipedia) In Griechenland geht die Umstrukturierung des Haushalts zu Lasten der Bürger-Gesundheit, in Spanien hat ein eilig eingeführtes Demonstrationsverbot nicht alle abhalten können. Doch wer die Zeche am Ende zahlt, ist klar. Spanien verzichtet seit diesem Jahr auf weitere Hilfen durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), 41,3 Milliarden Euro müssen dennoch für die Rekapitalisierung des spanischen Bankensektors zurückgezahlt werden. (vgl. esm.europa.eu)

Die folgende Tabelle zeigt den Schuldenstand der übrigen EU-Länder:

Quelle: eurostat
Quelle: eurostat

Doch wer soll das zurückzahlen? Da machen 25 bis 30 Milliarden Dollar für die Ukraine den Braten wohl auch nicht fetter. Zum Glück gibt es die Gelddruckmaschine der Notenbank. Sie kann Geld drucken lassen und dieses durch einen festen Leitzins an die Banken weitergeben. Diese haben bei einem günstigen Zinssatz theoretisch größeren Anreiz das Geld weiter zu verleihen. Die zirkulierende Geldmenge würde dann ansteigen und die Preise gleich mit. Dispozinsen müssen bezahlt werden und außerdem will jeder etwas vom Kuchen abhaben. Die Inflation ist jedoch derzeit angeblich sehr gering, auch wenn die Kugel Eis beim Italiener um die Ecke mittlerweile ca. 1 € kostet. Man hört dennoch schon länger Unkenrufe über eine bevorstehende Deflation. Eine solche Geldwertsteigerung wollen vor allem Kreditnehmer nicht. Das Abzahlen von Investitionskosten und Schuldzinsen wird schwieriger wenn der Euro auf einmal viel mehr wert ist. Am Ende wirkt sich das auf niedrigere Stundenlöhne, weniger Arbeitsplätze und mangelnde Liquidität aus.

„Die EZB allerdings kann das Geld gerade nicht mehr viel billiger machen, denn die Zinsen liegen schon bei nahe null Prozent…Diskutiert wird in der EZB beispielsweise, Strafgebühren von Banken zu verlangen, wenn sie ihr Geld bei der Notenbank deponieren.“ (Schieritz. In: DIE ZEIT. 03.04.14. S.28)

Eigentlich sollte das Geld bei Unternehmen und Verbrauchern landen, um von ihnen vermehrt oder in den Umlauf gebracht zu werden. Brauchen die Banken das billige Geld um eigene Löcher zu stopfen?

„Einige südeuropäische Notenbankgouverneure plädieren dafür, den Banken mit frisch gedrucktem Zentralbankgeld Wertpapiere wie Staats- oder Unternehmensanleihen abzukaufen…Allerdings sind derlei Maßnahmen insbesondere in Deutschland umstritten. Die EZB fürchtet vor allem den Vorwurf, sie wolle damit Staaten finanzieren, was ihr verboten ist. Deshalb spielen die Notenbanker auf Zeit. Ein Anleihekaufprogramm werden sie erst auflegen, wenn die Inflationsrate weiter fällt. Nur dann wäre auch die Bundesbank dafür zu gewinnen.“ (Schieritz. In: DIE ZEIT. 03.04.14. S.28)

Argumentiert wird mit der Angst vor einer großen Inflation. Wahrscheinlich geht der Politik dann auch Einfluss verloren. Mit knapp über 27 % stellt Deutschland den größten Anteil am ESM und hat wohl entsprechendes Mitspracherecht bei bevorstehenden makroökonomischen Anpassungsprogrammen. (vgl. Wikipedia) Sicher ist es auch schwer zu verstehen wie einfach die Gelddruckmaschine angeworfen wird, weil Banken und Krisenverursacher das Geld lieber für sich behalten möchten. Den Schuldenberg dürfen sowieso der Bürger und seine Nachkommen abbauen.

„Noch hofft die EZB, dass es nicht zum Äußersten kommt. Die Frankfurter Währungshüter setzen darauf, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten wieder steigen wird – wenn sich die Konjunktur weiter erholt und nicht durch eine Eskalation der Krise um die Krim oder eine starke Aufwertung des Euro in Gefahr gebracht wird.“ (Schieritz. In: DIE ZEIT. 03.04.14. S.28)

Weblinks hierzu:

  • In Taking Crimea, Putin Gains a Sea of Fuel Reserves (NYT. 17.05.14)