Category Archives: Kunst u. Kultur

Singing in the rain

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Big Band der Staatskapelle Halle

Hier spielt die Musik. Bei weinendem Himmel hat die Big Band der Staatskapelle Halle am Bahnhofsplatz fröhliche Stimmung verbreitet. Der Regen hat dabei lediglich die finanzielle Situation der “Kulturstadt” Halle unterstrichen, denn auch hier bestimmt die Wirtschaft den Takt. Das Wetter war mies, die Stimmung dafür heiter bis sonnig. So hat das Orchester bis zum Einbruch der Dunkelheit einen glänzenden Auftritt vollbracht.

Kinovorschau Citizenfour

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Kinoplakat am Pusch Kino Halle

Das Pusch Kino Halle zeigt im November und Dezember den Film, den die Mainstream-Kinos in Halle derzeit nicht zeigen wollen. “Der Verleiher hat uns spontan angerufen weil die großen Kinos ihn nicht zeigen wollten.”, so der Betreiber. Der Start sei bereits ein überraschender Erfolg gewesen. Im Film werden die acht Tage der verdeckten Zusammenkünfte im Hotelzimmer dokumentiert, in denen Snowden über die Dokumente Auskunft gibt.

Jeder stirbt für sich allein

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Während gerade das Jubiläum es deutschen Mauerfalls gefeiert wird, stellt die Bühne Halle gekonnt Fallada’s gesellschaftskritische Stück Jeder stirbt für sich allein dar. Grandios spielen die Schauspieler des Neuen Theaters die Zeit des Nationalsozialismus und dortigen Verhältnisse nach. Zur gleichen Zeit, in der einem 22-jährigen Palästinenser von der israelischen Polizei in den Rücken geschossen wird, spielen Danne Suckel die Jüdin Rosenthal und Peer-Uwe Teska einen Gestapo-Kommissar, der feindlich gesinnte Elemente und eine Gefährdung der Staatsordnung aufspüren und eliminieren muß.

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Das Stück von Fallada, das auf einem authentischen Fall im Berlin der Kriegsjahre beruht, fesselt das gesamte Auditorium in der nahezu voll besetzten Kammer des Neuen Theaters.
Packend und erschreckend zugleich werden die menschlichen Befindlichkeiten in der damaligen Zeit inszeniert, um den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen oder mit dem Strom mitschwimmen zu können. Lug, Betrug und Verrat spielen in diesem menschlichen Drama die Hauptrollen, aber auch Mut zum Widerstand finden ihren Platz.
Das Berliner Ehepaar Quangel bricht plötzlich die Mauer des Schweigens und beginnt nach dem Tod des einzigen Sohnes im Frankreich-Feldzug Pamphlete zu verteilen. Sie bleiben dabei lange unentdeckt. Die Suche nach den Staatsverrätern gibt dabei ein erschreckend präsentes Bild menschlicher Triebfedern, die völlig losgelöst von Raum und Zeit betrachtet werden können.
Die acht Darsteller um die Regiesseurin Alice Asper überzeugen das Publikum mit ihrem schauspielerischen Geschick, während die Zuschauer mehr oder weniger unfreiwillig die Rolle des Volkes einnehmen. So geht man in der Spielpause nach dramatischen und eindringlichen Szenen schnell zum Alltagsgeplapper über und vermeidet damit tunlichst das Bewußtsein, dass uns hier ein Spiegel vorgesetzt wird.

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“Aus der Haut”

In Deutschland wird wieder durchgedreht..,

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Während in Halle gerade der Fernsehfilm in Kooperation mit MDR und ORF gedreht wird, meldet sich in Niedersachsen die CDU zu Wort: “CDU-Abgeordnete warnt vor Homosexuellen an Schulen” titelt zur selben Zeit Spiegel Online.
Droht eine Verrohung der Gesellschaft, wenn mehr Toleranz die Klassenzimmer durchdringt? Oder wird man in der Schule zum Homo erzogen? “Aus der Haut” thematisiert das Spannungsfeld zwischen jugendlicher Identitätssuche und gesellschaftlichen Hindernissen. Schauspieler Merlin Rose spielt hier den 17-jährigen Milan, der kurz vor seinem Coming-Out steht. Der Film soll bis zum 27.9. in Halle gedreht und schließlich 2016 ausgestrahlt werden. Die Christliche Union will solche Gefahren abwehren. Damit stellt sie sich auf Seite der kirchlichen Moralhüter, die sich ganz klar gegen pädophile und homosexuelle Handlungen stemmen und dabei ganz offensichtlich eine Null-Toleranzlinie fahren. Schwule gibt es nämlich in Kirche, CDU und Gesellschaft nicht. Da scheint man sich mit ISIS ausnahmsweise einig zu sein und zieht in den (Wahl-) Kampf. Vielleicht sind solche Praktiken auch schuld am Untergang des Römischen Reiches? Immerhin, die Griechen halten länger stand, doch was ist aus ihnen geworden? Sie sind heute erst recht die Gefickten.

Weblinks:

Naturfoto-Ausstellung im Hauptbahnhof

Die Gesellschaft Deutscher Tierfotografen stellt im Hauptbahnhof Halle die Siegerfotos des internationalen Wettbewerbs “GDT Europäischer Naturfotograf des Jahres” 2013 aus. Die Fotos des Briten Alexander Mustard sind wirklich sehenswert und zeigen z.T. wunderschöne und stimmungsvolle Naturfotos.

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In den Kategorien Vögel, Säugetiere, Andere Tiere, Pflanzen und Pilze, Landschaften, Unter Wasser, Mensch und Natur, Atelier Natur kann sich der Betrachter an der Ästhetik unserer Natur erfreuen. “[N]eben Europas besten Naturfotografen reichen auch viele begabte Amateure ihre Bilder in diesen Kategorien ein.” (Ausstellungsprospekt) Die nächste und letzte Station der Wanderausstellung ist Düsseldorf Hbf vom 03. bis 12. November.

(An dieser Stelle war ein Foto aus der GDT-Webseite eingebettet. Mittlerweile wurde es von dort entfernt.)

Foto: Zweiter Platz “GDT Europäischer Naturfotograf des Jahres” 2013, Alexander Mustard, Kategorie “Unter Wasser”.

Bei aller Schönheit täuschen diese wunderschönen Naturfotos über den Zustand unserer Erde hinweg. In diesem Zusammenhang lohnt die kurze Lektüre vom Mann und dem Müll. Der Segler Ivan Macfadyen durchkreuzte zweimal den Pazifik. Beim ersten Mal vor 10 Jahren gab es dort Vögel und Fische im Überfluss, nun sind sie verschwunden. An ihrer statt begegnete er riesige Fischtrawler, die sich Tag und Nacht an den Riffen zu schaffen machen.

‹‹ “Ich bin in meinem Leben viel auf dem Ozean unterwegs gewesen und war es gewohnt, Schildkröten, Delfine, Haie und große Vogelschwärme beim Fressen zu beobachten. Aber dieses Mal gab es auf 3000 Seemeilen praktisch nichts Lebendiges zu sehen.” Anstelle des fehlenden Lebens sah Macfadyen Müll in einer ganz erstaunlichen Menge.›› (Macfadyen: In: Tall-Ship news. Nr. 90 III/2014. S.21)

Heute bedecken Müllflächen von einer Ausdehnung, die der Fläche Westeuropas entsprechen, den Ozean. (s. Wikepedia)

Albatross at Midway Atoll Refuge (8080507529).jpg
Albatross at Midway Atoll Refuge (8080507529)“ von Chris Jordan via U.S. Fish and Wildlife Service HeadquartersAlbatross at Midway Atoll Refuge
Photo taken by Chris Jordan
Uploaded by Foerster. Lizenziert unter CC BY 2.0 über Wikimedia Commons.

Weblinks:

Denken mit Friedrich Schiller

Anton Graff Schiller (1)

„Der zahlreichere Teil der Menschheit wird durch den Kampf mit der Not viel zu sehr ermüdet und abgespannt, als dass er sich zu einem neuen und härteren Kampf mit dem Irrtum aufraffen sollte. Zufrieden, wenn er selbst der sauren Mühe des Denkens entgeht, lässt er andere gern über seine Begriffe die Vormundschaft führen, und geschieht es, dass sich höhere Bedürfnisse in ihm regen, so ergreift er mit durstigem Glauben die Formeln, welche der Staat und das Priestertum für diesen Fall in Bereitschaft halten.“

(Friedrich Schiller. S. 60 f.  In: Denken mit Friedrich Schiller. 2005. Zürich)

Stellschrauben in einem defekten System

Die Tebartz van Elsts,  zu Guttenbergs und Wullfs seien gute Beispiele wie zahlreiche Bauernopfer für die Verblendung wahrer Missstände herhalten müssen und gelungen für öffentliche Empörung sorgen. Mit einem Wink zum Bischof nach Limburg sagt Kirchgänger Rether in seinem Bühnenprogramm, der CDU-Wahlkampf habe auch 30 Millionen Euro gekostet – und davon ist jetzt nichts mehr übrig. Am Ende meint er CDU stehe wohl für Christus dachte umgekehrt. Alle Abgeordneten Gäste einer Politainment-Show hätten in der Syrien-Krise auf eine Bombardierung von Assads Chemiewaffen gedrängt. Nur einem Vorschlag wurde einstimmig als populistisch kritisiert. Sarah Wagenknecht wollte mit Assad reden, nicht bombardieren. Angeblich wähle Rether ja Grün, denn eines sei klar: „Nicht wählen ist wie nicht Zähne putzen. Irgendwann wird es von ganz alleine braun.“

Rethers Anmerkungen zum bösen Nordkorea bilden schließlich das Sahnehäuptchen und sind ein Hochgenuss politischer Satire.

Alle sozialkritischen Anmerkungen des Kabarettisten Rether sind auch an uns selbst gerichtet, durchdacht und stiften wahrlich zum Nachdenken an. „Wie ist es so in der Freiheit?“ fragt er nachdem die Kirche, Snowden und der Mittelstand abgefrühstückt worden sind. Wir haben schon lange alle Informationen, viel geredet und nachgedacht. Doch jetzt ist es Zeit zu handeln! Bänker verteufeln und um die Ecke billige Klamotten aus einer eingestürzten Fabrik in Asien kaufen passe wohl nicht so recht zusammen. Der Banker macht auch nur was ihm logisch erscheint. Wir wissen jetzt dass Hagen Rether Bananen mag und Vegetarier ist. Nach seiner Bühnenshow Liebe 4 verstehen wir auch warum das so ist. Wenn wir weitermachen wie bisher gebe es in 20 Jahren keine Bienen, Speisefisch und Gletscher mehr – eine Logik des gegenwärtigen Systems.

Nach einer komödiantisch-nachdenklichen und auch sehenswerten Veranstaltung verabschiedet sich Hagen Rether mit den Worten: „Paßt auf eure Kinder auf!“ Dafür bekommt er lang anhaltenden Applaus.

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Hagen Rether im Steintor Varieté in Halle