Alles wieder auf Anfang

Als wäre nichts geschehen werden an der Wall Street wieder die höchsten Gehälter gezahlt, DIE ZEIT berichtet von der „Rückkehr der Boni-Banker“.

„Goldman etwa verteilte nach dem Krisenjahr 2009 Aktien im Wert von 3,6 Milliarden Dollar an seine Mitarbeiter, die diese allerdings erst frühestens im Januar 2015 verkaufen dürfen. Goldmans Aktienkurs ist seither um 40 Prozent gestiegen – damit sind die Mitarbeiter-Aktien heute mehr als fünf Milliarden Dollar wert. Auch die Belegschaft der Bank of America kann den Jahresanfang mit einem kollektiven Aktiengewinn von 1,8 Milliarden Dollar feiern.“ (Buchter. In: DIE ZEIT. 17.12.14. S.25)

Wollte man es nicht nach der großen Finanzkrise, die unser Weltfinanzsystem ins Trudeln gebracht und schließlich mit Steuergeldern wieder aufgepäppelt wurde, in Zukunft anders machen? Riskante Finanzprodukte und Hochrisikopapiere versprechen jedoch einen hohen Gewinn. Wer es schafft seinen Müll zu verkaufen und selbst der Müllsammler zahlreiche Abnehmer für die toxischen Stoffe findet, machen alle einen guten Schnitt. Auf der größten Müllhalde saß einmal die Bank Lehman Brothers. Doch deren Papiere hatten wiederum viele andere Finanzmarktteilnehmer bebunkert. Eine Kettenreaktion musste verhindert werden.

Der große Aufschrei nach dem Crash war groß, die Politik musste den Karren aus dem Dreck ziehen und die Suppe schließlich auslöffeln, die sie sich selbst eingebrockt hatte. Irgendwie hat man dann mehr oder weniger eingesehen, dass der Finanzmarkt reguliert werden müsse. Der Markt regelt sich eben nicht von selbst, wie es die Neoliberalen lauthals behauptet haben. Die Beschneidung der (Handlungs-) Freiheit ist wohl nicht mit demokratischen Werten vereinbar. Die Konservativen und Wirtschaftsvertreter meinen, der Staat halte sich am besten aus allem heraus.

Nach den Kongresswahlen in den USA haben die Republikaner wieder die Oberhand gewonnen und dort, wo fast jeder Volksvertreter mehrfacher Millionär ist, werden anfängliche Regulierungsversuche der Finanzindustrie Schritt für Schritt aufgehoben.

Mit dem Dodd-Frank-Act sollte den systemrelevanten Banken ein bisschen die Freiheit genommen werden, alles tun zu können um Gewinne unter hohen Risiken zu privatisieren und große Verluste anschließend zu solidarisieren. Doch diese Rechnung ist ohne die Lobbyisten der Branche gemacht worden.

„As of Nov.16, Wall Street banks and other financial interests had spent $1.2 billion on campaign contributions and lobbying combined, a total that was on track to beat spending in 2010, when Dodd-Frank was being considered in Congress…” (Weisman & Lipton. In: NYT. 13.01.15)

Schließlich sind die Volksvertreter in die Knie gegangen und haben sich der Finanzlobby gebeugt. Schon Anfang Dezember hat die New York Times über die Gesetzesvorlagen zur Verabschiedung des US-Haushalts berichtet. So hat es die Finanzmarkt-Lobby geschafft, eine Lockerung der Restriktionen beim Dodd-Frank-Act an die Verabschiedung des US-Haushalts zu koppeln.

„One bill would amend the so-called Volcker Rule, a centerpiece of Dodd-Frank. Another bill that lawmakers plan to include in the government funding plan was essentially written by lobbyists for Citigroup.” (Protess. In: NYT. 09.12.14)

Damit die US-Regierung bis September 2015 handlungsfähig bleibt, muss sie doch wieder für die Ausfallrisiken verschiedener Banken-Derivate haften. Schon ein Kompromiss im Dodd-Frank-Gesetzesentwurf ist faul gewesen.

„As The New York Times reported last year, lawmakers adopted nearly every word of Citigroup´s plan in drafting a bill. The bank´s recommendations are reflected in more than 70 of the 85 lines of that bill.” (Protess. In: NYT. 09.12.14)

Die Politiker wurden von den Interessenvertretern überzeugt. Die so genannte swaps push-out rule, bei der hochriskante Papiere nicht mehr durch die Regierung abgesichert werden sollen, berge zu große Gefahren für kleinere Banken. Tatsächlich werden, so die New York Times unter Berufung auf das Office of  the Comptroller of Currency,  95 % dieser Derivate von fünf Banken gehandelt: Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs, JPMorgan Chase und Morgan Stanley. (vgl. Weisman & Lipton. In: NYT. 13.01.15)

Das neue Gesetz wurde letzte Woche zusammen mit dem neuen US-Haushalt verabschiedet, ebenso die Re-Autorisierung eines Gesetzes zur Übernahme entstandener Kosten durch Terroranschläge. (federal terrorism insurance) Timing ist eben alles in der Politik.

US-Gesetzgeber haben nun im Repräsentantenhaus mit 250 zu 175 Stimmen über ein weiteres Maßnahmenpaket abgestimmt, dass neue Restriktionen für Bundes-Regulatoren auferlegt. Doch die Mitglieder des Repräsentantenhauses wollen die Dodd-Frank-Regeln mildern und der Finanzindustrie damit entgegen kommen.

Der neue Gesetzesentwurf ist am Mittwoch mit Unterstützung von 28 Demokraten mit 271 zu 154 Stimmen verabschiedet worden. Der Entwurf, zwei Wochen nach der Konstituierung des neuen US-Kongress verabschiedet, ist eine Priorität der US-Republikaner und weicht den Dodd-Frank-Act weiter auf. Als nächstes muss der US-Senat darüber votieren. Doch auch hier gibt es seit November 2014 eine republikanische Mehrheit. (vgl. Marcy Gordon. In: AP. 14.01.15)

„The strategy on Dodd-Frank is death by a thousand cuts.“ (Marcus Stanley, policy director of Americans for Financial Reform.” In: NYT. 14.01.15)

704 registrierte Finanzmarkt-Lobbyisten haben sich die Politiker gekauft und versuchen ihre Interessen durchzusetzen. Das US House of Financial Services Commitee, wo die Gesetzgebung typischerweise beginnt, ist Empfänger von Wall Street-Spenden. (vgl. Weisman & Lipton. In: NYT. 13.01.15)

„During the last Congress, Representative Jeb Hensarling of Texas, the Republican chairman of the commitee, received donations on 13 separate occasions from political action commitees run by Bank of America, Citigroup, Goldman Sachs and JP Morgan Chase.” (Weisman & Lipton. In: NYT. 13.01.15)

Ein Bank-Lobbyist freut sich schon und sagt dass mit der neuen republikanischen Mehrheit im US-Kongress die Zahl der Dodd-Frank Befürworter bereits gesunken ist.

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