„Man kann den Auftritt von Madeleine Schickedanz als Zeugin im Untreue-Prozess gegen die Führung des Bankhauses Sal.Oppenheim in Köln durchaus als Plädoyer für eine Vermögenssteuer von 50 Prozent werten. Folgt man ihrer eigenen Darstellung, dann war die uelle-Erbin und Karstadt-Großaktionärin völlig überfordert mit der Verwaltung ihrer Milliarden und Aktien. Sie hat immer alles blind unterschrieben und ansonsten ‹‹dem Josef›› (Esch) vertraut. In welchem Umfang sie für Kredite haftete, sei ihr nicht klar gewesen.
Die Großen der Wirtschaft vor Gericht zu erleben ist schon öfter erhellend gewesen. So tat sich Clemens Börsig 2011 in einem Prozess vor dem Oberlandesgericht München schwer damit, seine Wohnadresse zu sagen. Er verwechselte Straßennamen und kannte die Postleitzahl nicht. Wahrscheinlich war es der damalige Aufsichtsratvorsitzende der Deutschen Bank nicht mehr gewohnt, die Anschrift zu nennen. Es reichte doch, wenn der Fahrer wusste, wohin der Herr abends gehörte.
Unvergessen auch der Auftritt von Thomas Middelhoff im Kirch-Prozess. Der Manager hat in seinem Leben gleich zwei Großkonzerne geleitet, den einen (Bertelsmann) erfolgreich, den anderen (Arcandor) nicht so. Middelhoff galt schon immer als einer, der es mehr mit Strategie und Deals hat und weniger mit den harten Zahlen. Als wollte er dafür den Beweis erbringen, brauchte er vor Gericht drei Anläufe zur richtigen Antwort auf die Frage: Wie alt sind Sie?“
Rüdiger Jungbluth. In: DIE ZEIT. 27.03.14. S.25