Was hat die Ukraine mit Syrien zu tun – wer profitiert vom Konflikt in Eurasien?

Die Lage ist angespannt, die Fronten zwischen Europa, den USA und Russland sind aufgrund der Situation auf der Krim verhärtet. Angeblich rechnet jeder dritte Deutsche mit einem Krim-Krieg. (Spiegel Online. 06.03.14) Auf der jüngsten Podiumsdiskussion der Heinrich-Böll-Stiftung zum Bürgerkrieg in Syrien wurden „Zustände wie im Kalten Krieg“ zwischen den Großmächten beschrieben. Die US-Republikaner feiern schon „Kalte-Krieger-Party“. (Spiegel Online. 07.03.14) So wurde schon in der Veranstaltung über die syrische Tragödie unweigerlich die Situation in der Ukraine aufgegriffen. Das Kräftemessen in Europa nimmt nun den Großteil unserer Berichterstattung ein, Konflikt, Nähe zum Geschehen und eigene Betroffenheit gehören schließlich zu den Nachrichtenfaktoren. Doch der Krieg in Syrien und die Krise in der Ukraine stehen wohl in größerem Zusammenhang, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Daher ist Syrien auch nicht „der vergessene Krieg“, wie Spiegel Online kürzlich berichtet hat.

Europa, die USA und Russland stehen sich zunächst unversöhnlich gegenüber und scheinen divergierende Interessen zu verfolgen – in Eurasien und Nahost. Russland hat dazu beigetragen, dass ein US-geführter Angriff auf Bashar alAssad kurzfristig abgewendet werden konnte. Putin wird dafür in westlichen Medien als Diktatoren-Freund abgekanzelt und die Frage nach der Zukunft Syriens, wie auch jetzt der Ukraine, steht nach wie vor im Raum. Westlich unterstützte Rebellen sind für die Absetzung Assads, Russland für die Aufrechterhaltung seiner Macht, auch der Stabilität in diesem Pulverfass wegen. Eine diplomatische Einigung schien zunächst aussichtslos, doch dann entstand der Konflikt in der Ukraine.

Nouripour, außenpolitische Sprecher der Grünen,  wusste schon bei der Podiumsdiskussion in Halle nicht, was man den Russen für ein Entgegenkommen in Syrien anbieten könne. „Welchen Preis wollen die Russen für ihr Entgegenkommen?“ fragte er sich. Ein Schelm, der dabei an die Ukraine denkt.

Kiev Maidan Flag

Anfang der Woche haben sich Israels Premier Netanyahu und Präsident Obama im Weißen Haus beraten. Dabei ging es auch um die Krise in der Ukraine „which threatens American policies throughout the Middle East.“ (Landler and Barnard. In: NYT. 03.03.14) Die Pattsituation mit Russland habe die amerikanischen Versuche zur Eindämmung des iranischen Atomstreits und Beendigung des syrischen Bürgerkrieges und sogar die unmittelbaren Friedensgespräche zwischen den Israelis und Palästinensern verkompliziert, so US-Regierungsvertreter laut NYT. Russlands Wort hat nämlich bei den meisten dieser Verhandlungen und im UN-Sicherheitsrat Gewicht. Und an der Situation vor der Haustüre Israels ist Netanyahu naturgemäß interessiert. Das sich Schutzpatron Putin vom syrischen Autokraten abwenden wird halten alle für unwahrscheinlich, eine Eiszeit zwischen den USA und Russland erschwert zudem eine diplomatische Lösung im Iran-Atomstreit.

„For Mr. Netanyahu, the biggest threat involves Iran, which has embarked on negotiations for a comprehensive nuclear agreement with the United States, Russia and other major powers.“ (Landler and Barnard. In: NYT. 03.03.14)

Jetzt wird befürchtet dass Russland dem iranischen Präsidenten Rohani die Rolle des bösen Jungen abnimmt und die Welt nur noch auf die Ukraine schaut.

Werden die Medien jetzt als diplomatisches Instrument genutzt, um die Stimmung in der Bevölkerung auszuloten oder die Menschen auf die Möglichkeit weiterer Schritte vorzubereiten? Die New York Times lässt nun in ihrem Bericht zum Netanyahu-Besuch in Washington den Kommentator einer jordanischen Zeitung zu Wort kommen.

‹‹A major question is wheater Russia and the United States could make some kind of grand bargain “to exchange Syria for the Ukraine, whereby the Kremlin will abondon Assad in return for Washington and Brussels´abandoning their allies in Kiev, or vice versa,” as Uraib al-Rintawi, a commentator at the Jordanien newspaper Al Dostor, put it.›› (Landler and Barnard. In: NYT. 03.03.14)

Jetzt wird es wohl erstmal von einem Jordanier ausgesprochen, was andere längst denken –  a grand bargain.  Ist damit der Machterhalt von Putins Protegé Assad im Tausch gegen europäischen und amerikanischen Verzicht auf die Ukraine gemeint? Bisher konnten die Israelis doch ganz gut mit Bashir, er ist für sie berechenbar und seine C-Waffen ist er auch gerade dabei los zu werden. Die Amerikaner stehen seinem Rivalen bestimmt gerne Gewehr bei Fuß, jetzt vor den Midterm Elections. Was denken die Europäer?

„Die Ergebnisse des neuen ARD-DeutschlandTrends zeigen breite Solidarität. So fordert nicht nur eine deutliche Mehrheit von 58 Prozent, dass sich Europäische Union und Bundesregierung klar auf die Seite der Ukraine und gegen Russland stellen sollen.“ (ARD-Deutschland-Trend. März 2014)

Die Lage ist mal wieder kompliziert, überall auf der Welt wird protestiert und rebelliert. Und just vor einer wichtigen Wahl, diesmal in Europa und im November in den Vereinigten Staaten, stehen wir wieder einmal kurz vor einem Krieg. Wie gesagt, die US-Republikaner feiern schon „Kalte-Krieger-Party“. (Spiegel Online. 07.03.14)

Und warum protestieren die Menschen weltweit? Damit können wir uns jetzt erst mal nicht beschäftigen.