Gaza-Krieg befeuert angeblich Boycott israelischer Produkte

Laut New York Times formiert sich in England Protest gegen den jüngsten Gaza-Krieg in Form eines Boykotts israelischer Produkte. In einem Lebensmittel-Geschäft werden koschere Produkte aus den Regalen geräumt, um anti-israelischen Protesten vorzubeugen. Das Tricycle Theater im Norden Londons überprüft, nachdem es acht Jahre lang Gastgeber eines jüdischen Filmfestival gewesen ist, die Inhalte jener Filme, die mit Hilfe von Fördermitteln der israelischen Regierung umgesetzt worden sind. Gegen forschere Forderungen eines britischen Parlamentariers ermittelt jetzt die Polizei. Experten und Analysten sagen dass der Gaza-Krieg und seine Auswirkungen die Meinungen in Europa angeheizt haben und die Wahrscheinlichkeit weiteren Zulaufs der BDS-Bewegung (boycott, disinvest from and sanction Israel) bestehe. Ihre Ziele sind das Ende der israelischen Besatzung palästinensischen Territoriums und Abbruch der Teilungsmauer, volle Gleichbehandlung arabisch stämmiger Bürger in Israel und das Rückkehrrecht für palästinensische Flüchtlinge. Der Gaza-Krieg bringt die Verhältnisse vor Ort wieder in den öffentlichen Fokus.

Doch wer glaubt noch dass beide Seiten an einem andauernden Frieden interessiert sind? Auch wenn es auf beiden Seiten Kriegsprofiteure gibt, die das Feuer immer wieder anfachen möchten, wo bleibt in diesem Konflikt die Verhältnismäßigkeit?

In einem Papier für das Institute for National Security Studies in Tel Aviv wird laut NYT gewarnt, dass Israel für den Gaza-Krieg einen weitaus höheren Preis zu zahlen hat-  schwindende Unterstützung für Israel in der öffentlichen Meinung und mehr Zustimmung zu den Zielen der BDS-Bewegung. Daniel Levy vom  EU-Thinktank European Council on Foreign Relations weist auf eine Debatte  über Rüstungsstopp für  Israel hin, welcher in Großbritannien und Spanien wegen der Asymmetrie im Gaza-Krieg mehr Unterstützer finde.

‹‹“You´re beginning to see the translation of public sympathy into something politically meaningful,” he said. He noted two tracks – the governmental one, which distinguishes between Israel and the occupied territories, and the social one of academic, commercial and artistic boycotts.” ›› (Erlanger. In: NYT. 28.08.14)

Die Europäische Union hält nichts von der BDS-Bewegung. Die Europäer ziehen lieber eine juristische Linie zwischen der Grenze von vor 1967. Seit dem Sechstagekrieg 1967 gilt das Gebiet jenseits dieser Grenze völkerrechtlich als besetztes Gebiet. Zahlreiche Abkommen wie z.B. der Osloer Friedensvertrag von 1993 bestätigen dies. So betrachtet auch Brüssel alle israelischen Gebäude in den besetzten Gebieten, einschließlich derer in Ost-Jerusalem, als illegal und einzig in Friedensverhandlungen mit den Palästinensern verhandelbar.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, bekräftigte vor dem Gaza-Krieg das Existenzrecht Israels und streitet einen Boykott israelischer Produkte in Europa als Antwort auf dahin gehende Behauptungen ab.  (TAZ. 12.12.14)Von den 28 europäischen Nationen stünden einige enger zu Israel als andere, doch der Block sei sich einig über ein rechtmäßiges Land innerhalb der Grenzen von 1967, so die NYT.

Die Sache ist schon vor dem Gaza-Krieg ein Politikum gewesen. Schon 2013 ist den Grünen bei einer kleinen Anfrage zu solchen Produkten, die in die EU exportiert werden, Anstachelung zum Boykott vorgeworfen worden. (FAZ. 24.05.13)

Jetzt fordern immer mehr Europäer eine differenzierte Kennzeichnung aller israelischen Produkte aus besetztem Territorium. Sie sollen von freien Zöllen im Handelsabkommen zwischen der EU und Israel ausgenommen werden. Hier gehe es lediglich um eine Kennzeichnung zur Herkunft der Ware.

‹‹“There is no question of a boycott,” the European official said.›› (Erlanger. In: NYT. 28.08.14)

So müssen Produkte mit der Herkunft Westjordanland in Europa entsprechend gekennzeichnet sein, die bloße Bezeichnung „Made in Israel“ reiche nicht aus.

„In deutschen Geschäften ist bisher nicht ersichtlich, ob Waren aus Israel oder aus israelischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten stammen, die von der Bundesregierung als völkerrechtswidrig eingestuft werden. Aber die Bundesregierung hat auf eine kleine Anfrage der Links-Fraktion am 19. Juli geantwortet, dass es rechtlich keine Einwände gegen eine solche Kennzeichnung gibt.“ (Tagesspiegel. 28.08.14)

Die Europäer geht damit wesentlich weiter als die Vereinigten Staaten, die die völkerrechtswidrigen Siedlungen lediglich als „unzulässig [illegitimate]“ und „Hindernis für einen Frieden“ bezeichnen.

Israel stellt den Siedlungsbau jedoch in Einklang mit internationalem Recht dar, auch wenn einige Siedlungen illegal auf Palästinensischen Privatgebiet gebaut seien und das Problem in einem zukünftigen Abkommen mit den Palästinensern gelöst werde. (vgl. NYT) Die USA haben keine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus besetzten Gebieten. Einige Länder wie Großbritannien sind weiter gegangen und haben im Dezember 2009 eine freiwillige Kennzeichnung für solche Produkte beschossen ‹‹to enable consumers to make a more fully informed decision concerning the products they buy,“ according to the UK Trade and Investment agency, because „we understand the concerns of people who do not wish to purchase goods exported from Israeli settlements in the Occupied Palestinian Territories.” ›› (Erlanger. In: NYT. 28.08.14)

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