Wie entstand die Börse?
Hier das Haus der Kaufmannsfamilie van der Buerse in Brügge und gleichzeitig erste Börse der Welt seit 1409. Brügge ist eine wunderschöne alte Handelsstadt am Meer gelegen. Anscheinend vom Kriege vollkommen unversehrt geblieben, zeigt sich hier der Reichtum aus mittelalterlichem Seehandel und Kolonialismus. Stadt und Architektur bieten ein unvergessliches Erlebnis, allerdings bezieht sich das ebenso auf die Preise für Essen und Trinken.
Monthly Archives: March 2015
Wer sonst nichts zu lachen hat
Ist ja lachhaft…
EZB Eröffnungsfeier
Das Fahrrad klappert über die Pflastersteine am Uni-Campus in Halle/S. Eine BLOCKUPY-Ankündigung auf einem Plakat erweckt Aufmerksamkeit: “BLOCKUPY Transnationale Aktionen gegen die EZB-Eröffnungsfeier. LET´S TAKE OVER THE PARTY! Es gibt nichts zu feiern am Krisenregime“ steht dort geschrieben. Auf der Webseite der BLOCKUPY-Organisation sind Ansprechpartner für eine gemeinsame Anreise nach Frankfurt/M. aufgelistet. In der Bankenstadt möchte Mario Draghi am 18. März seine Eröffnungsfeier für den neuen Wolkenkratzer steigen lassen. Als Teil der ehemaligen EU-Troika, bestehend aus EZB, IWF und Europäischer Kommission, ragt das Gebäude symbolisch für Kapitalismus, Repressionspolitik und verfehlter Finanzmarktüberwachung über den Köpfen der Menschen. Was hier gefeiert werden soll ist vielen unklar. Rettungsmaßnahmen aufgrund der Finanzkrise finden auf Kosten von Bürgern und Gesellschaft statt. Die Urheber kommen mit einem blauen Auge davon. Die Stimmung ist schlecht, so kann man denen da oben ruhig mal die Partystimmung vermiesen.
In Halle soll die Linke die Fahrt nach Frankfurt organisieren. Nach dem Anruf im Bürgerbüro liegt das Ticket nach Frankfurt wider erwartend doch nicht bereit. Nachdem nochmals Name und Telefonnummer hinterlassen wurden, klingelt einige Zeit später das Telefon. „Das Ticket ist da, du kannst es jetzt abholen. Abfahrt ist morgen 08 Uhr“ sagt eine Stimme am Telefon. Erneut am Bürgerbüro angekommen, stehen zwei ältere Männer gegenüber. Sie überlegen eine Weile, wie sie am besten die Teppichrollen aus ihrem Kombi herausbekommen. Nach einer freiwilligen Solispende von 10- 15 € hält man die Hin- und Rückfahrkarte nach Frankfurt/ M. in der Hand. Darauf der Stempel des Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverbands und der Linken in Halle.
„Am besten abends nochmal die Abfahrtszeit checken, falls sich Änderungen ergeben“ lautet die letzte Instruktion.
Zur vereinbarten Zeit wartet am nächsten Morgen an der Oper Halle nur eine Person. „Ich habe die Nacht nicht gut geschlafen und will mein Ticket zur Verfügung stellen, falls Bedarf besteht“ sagt der junge Mann. Da niemand weiter da ist, stellt sich die Frage, ob der Bus vielleicht schon abgefahren ist. „Die meisten werden kurz vorher kommen“, das sei ganz normal“ weiß der Wartende zu beruhigen. Ob ich denn schon Demo-Erfahrung gesammelt hätte? Während in aller Herrgottsfrühe auf dem Parkplatz gegenüber ein weißer VW-Transporter aus dem Mansfelder Land mit schwarz getönten Scheiben parkt, treffen schlagartig die ersten Demonstranten ein. Innerhalb kürzester Zeit füllt sich der Platz mit vornehmlich dunkel gekleideten männlichen Personen unter 30 Jahren. Viele scheinen sich untereinander zu kennen. Dieser und jener der Organisatoren sei kurzfristig abgesprungen, komme leider nicht mit. Ob sie plötzlich die Juso-Krankheit überfallen habe, fragt noch einer der Anwesenden. Zudem ist gerade Prüfungszeit. Nun rauscht ein weißer Reisebus mit dem Kennzeichen L-ZZ-XXXX zum zweiten Mal vorbei. Diesmal hält der Bus weiter unten, der Motor läuft noch. Der Organisationsleiter, hier Max genannt, zückt eine Liste aus seiner Tasche und hakt die Namensliste ab. Der weiße Reisebus mit der blauen Aufschrift „Der Markranstädter“ ist schließlich zu dreiviertel besetzt, als einer der zwei Fahrer den Gang einlegt. Die Digitalanzeige im Inneren zeigt 08:04 Uhr und 7º C an. Der muskulöse Fahrer trägt neben Jeans eine Baseballkappe auf dem Kopf. „Deutschland“ steht ihm in roten Buchstaben auf der Stirn geschrieben, rote und gelbe Flammen umzingeln den schwarzen Schirm. Links über dem Fahrersitz klebt das Familienfoto. Er im grauen Jacket. Frau, Tochter und Sohnemann stehen ihm zur Seite. Um 08:30 Uhr kommen im Radio die ersten Nachrichten während der Fahrt:
„Busse wurden in Brand gesteckt. In Frankfurt protestieren [Menschen] gegen die EZB-Krisenpolitik. Die Polizei rechnet mit 10000 Demonstranten.“
Es folgt die MDR-Jump Morning Show mit Sarah von Neuburg und Lars-Christian Korde. Währendessen geht ein Zettel mit der Busnummer herum. Dies ist die Telefonnummer, die es zu wählen gilt, wenn Probleme für eine rechtzeitige Rückfahrt auftreten. Außerdem können Fragen für das anstehende Meeting während der Pinkelpause notiert werden. Um 09:00 Uhr hört man wieder den Nachrichtensprecher:
„An der EZB-Filiale in Frankfurt gibt es Krawalle. Demonstranten bewerfen die [Polizei] mit Steinen….“, die Moderation setzt ein „und jetzt können sie entspannt und sicher ankommen“.
Es folgt der Verkehrsfunk. Das Verkehrsaufkommen beobachtet von Beginn an ein Polizeimaskottchen auf dem Armaturenbrett. Ein kleines grünes Plüschkrokodil mit weißer Mütze und Shirt , darauf der Polizeistern mit sächsischem Landeswappen. Es guckt es ins Innere des Fahrzeugs und streckt den Insassen die Zunge heraus.
Aus dem Autoradio erklingt Robin Schulz mit dem Lied „Sun Goes Down“. Danach Johannes Oerding: „Alles Brennt“.
„Das alles muss weg, das alles muss neu…
Und wenn es wieder in mir brennt, dann weiß ich es genau
Dass man Feuer mit Feuer bekämpft.
Alles brennt, alles geht in Flammen auf,
alles was bleibt, sind Asche und Rauch…Alles wird gut
Alles wird gut
Alles wird gut“
Inzwischen ist der Beifahrer aufgewacht und in den Radio-Nachrichten heißt es um 09:30 Uhr:
„Krawalle. Bei der Demonstration [vor] der EZB ist es zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein…Es folgt der zuverlässigste Verkehrsservice im Osten.“
Im Bus macht man sich Gedanken über das Geschehen vor Ort, wie wird die Polizei reagieren? „Am besten man wird nicht verhaftet“ hört man jemanden sagen. Eine halbe Stunde Fahrtzeit ist schnell um, in den 10-Uhr Nachrichten heißt es „Mindestens 80 Polizisten wurden durch Demonstranten verletzt.“
Der Bus wird wenig später von einem alten blau-grau- farbigen Transporter überholt, der kurz darauf die Ausfahrt nimmt. Während man auf dem Heck noch die roten Druckbuchstaben „Vorsicht Schlittenhunde!“ lesen kann, lenkt der Busfahrer in den nächsten Rasthof. „15 Minuten Pause“ heißt es auf dem Rasthof Hörselgau vom Fahrer. Während dieser aus der Entfernung zum Telefon greift, hält die Reisegruppe auf dem Parkplatz eine Besprechung ab. „Wer hat noch keine Demo-Erfahrung?“ wird gefragt. Man lernt, wichtig ist die Bildung einer Bezugsgruppe. Sollte es zu Vorfällen kommen, ist eine Zeugenaussage vorteilhaft. Wie gilt es sich zu verhalten „wenn wir gefilzt werden“, was passiert wenn uns die Polizei „eingekesselt“. Die Nummer vom Gesa-Taxi für die Abholung von der Gefangenensammelstelle wird bekannt gegeben. Auf dem verteilten Flyer von BLOCKUPY sind neben Route und Anlaufpunkten auch Durchwahl von „Pennplatzbörse“ und „Ermittlungsausschuss“ angegeben. Der Ermittlungsausschuss hilft bei Problemen mit den Ordnungshütern, z.B. bei Arrest. Es wird durchgegeben, dass der Bus pünktlich um 19 Uhr in Frankfurt zurückfahren müsse. Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer müssten eingehalten werden, sagen sie. Später heißt es, das Fahrzeug wird am nächsten Tag gebraucht und müsse daher rechtzeitig zurück sein. Darum will Max, der Orga-Leiter, wissen, wer alles beabsichtigt mit zurückzufahren. Die Sache wird geklärt, die Pause ist zu Ende.
Mit genügend Brennstoff an Bord rollt der Bus nach einem Fahrerwechsel wieder auf die A4. Es ist sonnig, das Thermometer zeigt 12º C. Während der Fahrt notieren sich die meisten Insassen alle wichtigen Telefonnummern auf den Körper. Das wird empfohlen, so kann man sie nicht ´versehentlich´ verlieren. Um 11 Uhr berichtet der Nachrichtensprecher im Radio dass „350 Demonstranten eingekesselt“ und „Reizgas eingesetzt worden“ ist. Der Bus nähert sich nun Frankfurt auf der A5. Der Verkehr fließt, stellenweise befinden sich in beiden Richtungen Baustellenfahrzeuge und verengen die Spur. Gegen Mittag schlängelt sich der Bus endlich durch die Frankfurter Innenstadt. Ziel ist der bereitgestellte Parkplatz an der Eissporthalle Frankfurt. Als der Busfahrer beim Ratsweg in den großen Platz einbiegt, erwartet ihn eine Überraschung. Der Parkplatz wird von einem Rummelplatz blockiert Kirmeszelte und Fahrgeschäfte behindern den Vormarsch.
„Das ist der offizielle Parkplatz gewesen. Jetzt habt ihr ein Problem. Müssen wir mal schauen“
bemerkt der Fahrzeugführer mit osteuropäischem Akzent. Während ihn sein Kollege mit der Deutschland-Kappe am China-Imbiss „links rein“ lotst, hält Max auf dem vorderen Sitzplatz das Telefon am Ohr.
„Wir sind mit dem Bus aus Halle hier und können an dem Parkplatz nicht halten…Da ist Rummelplatz, da stehen gar keine Busse.“ Der Beifahrer wirft ein „Da ist parken verboten“.
„Wo fahren wir denn hin?“ will jemand wissen. „Das wird grad gemanagt“ gibt Max der Orga-Leiter zur Antwort. Während die Alternativadresse durchgefunkt wird hat der Fahrer mit der Mütze seinen Kollegen schon zum Parkplatz an der Pestalozzischule gelotst. Eine Freifläche ist gefunden. Nun ist es gegen 13 Uhr, sonnig bei 17º C. Jetzt schwärmen alle in ihren Bezugsgruppen Richtung EZB-Gebäude.
Um 14 Uhr findet die Kundgebung am Römerberg statt. In der Schäfflestraße nehmen einzelne Trupps die U7 und U4 zum Merianplatz. Aus der Friedberger Straße setzt sich zu dieser Zeit eine Kolonne von 14 Einsatzfahrzeugen in Bewegung. Die Nachhut bildet das Fahrzeug vom Deutschen Roten Kreuz. Die Kolonne scheint die Kräfte entlang der Konrad-Adenauer Str. an der Zeil zu verstärken. An der Konstablerwache sind am frühen Morgen scheinbar Polizeifahrzeuge angegriffen worden und in Flammen aufgegangen. Nun hat sich hier ein Heer von Polizeikräften aufgestellt. Die Frankfurter lassen sich davon jedoch auf ihrer Einkaufsmeile nicht aus dem Takt bringen, ein paar Bettler und Obdachlose beobachten das Geschehen auf der Zeil ungestört. Östlich des Börsenplatzes sammeln sich zwei Bezugsgruppen. Während ein Trupp durchsickern konnte, wurde der zweite einer verdachtsunabhängigen Personenkontrolle unterzogen. „Sie haben sich sogar unsere Brötchen angeguckt“ berichtet einer. Es wird nochmal die Lagekarte mit der bevorstehenden Demonstrationsroute durchgegangen. Man merkt dass der Tag der EZB-Eröffnungsfeier ein schlechter Zeitpunkt ist, Geld vom Konto abzuheben.
„Das Finaz-Center ist am 18.03. geschlossen!
Das Finanz-Center sowie das Foyer sind aufgrund der angemeldeten Demonstrationen am Mittwoch, 18. März geschlossen.
Zu den Geldautomaten und SB-Terminals ist ebenfalls kein Zugang!
Ab Donnerstag, 19. März sind wir wieder für Sie da.“
Der Zugang zum Römerberg führt an der historischen Paulskirche vorbei. Während sich in unmittelbarer Nähe am Römer tausende Demonstranten versammeln, werden von allen Seiten Handzettel verteilt. So wird unter anderem die nächste Protestankündigung für den G7-Gipfel am 06.Juni in Garmisch-Patenkirchen angekündigt. Der Gipfel soll am Füße des höchsten Berges in Deutschland stattfinden. Man erfährt vom „Marx is muss“ Kongress 2015 in Berlin und auch die DKP verteilt eifrig Zettel. Die Polizei steht mit Camcorder und Kamerafahrzeug ganz in der Nähe.
Vor ca. 10.000 Anwesenden sprechen am Römerberg Gewerkschafter und Politiker. Griechische Flaggen wehen. Die Gewerkschaft der Metallarbeiter fordert ein Ende der Sparmaßnahmen durch die EZB. „Ein Europa der Bürgerinnen und Bürger, nicht der Banken“. Zwischendurch wird griechische Live-Musik gespielt. Während über den Köpfen der Menschen symbolisch eine Seifenblase zerplatzt, spricht Giorgious Chondros von der griechischen Regierungspartei Syriaza. „Wir haben nach der Wahl unsere Würde zurückbekommen, aber unsere materielle Situation hat sich nicht verändert.“ Die spanische Partei Podemos hat wie viele andere einen Gastauftritt.
Später möchte ein Teil der Protestgruppe zur eigentlichen Wirkungsstätte vordringen. Der Weg führt die Berliner Straße entlang, Bundesagentur für Arbeit und Jüdischer Friedhof werden rechts liegen gelassen. Unterwegs wird man Zeuge einer Einsatzbesprechung eines kleinen Polizeitrupps. Am Ende der Allerheiligenstraße kriecht der Geruch verbrannter Autoreifen in die Nase. Die Scheiben der Straßenbahn-Haltestelle Ostendstraße sind zerborsten. Wenige Meter weiter haben sich in der Seitenstraße zwei blaue Ungetüme positioniert. Die Wasserwerfer mit der Kennung BY 1 und BY 2 dienen augenscheinlich dem baugleichen Fahrzeug HH 4 um die Ecke zur Unterstützung. Taktisch klug hat man die Positionierung Ernst-Achilles Platz gewählt.
Auf den letzten zugänglichen Metern Richtung EZB-Gebäude schaut man an einem grünen Räumfahrzeug mit Hamburger Stadtwappen vorbei auf das Sperrgebiet um die EZB. Ab dem rot-weißen Absperrband mit der Aufschrift „Polizeiabsperrung“ wurde eine ca. 10 Meter breite Pufferzone errichtet, bis NATO-Draht eine Überwindung der Grenze unmöglich macht. Um den Wasserwerfer RZ 2 halten auf der geschützten Seite uniformierte Grenzschützer Stellung.
Zur Stärkung bewegen sich die Demonstranten nach dem Ausblick auf das Ungetüm auf neutrales Gebiet zurück. Dazu wird der rückwärtige Tagesaufenthalt für Menschen in Wohnungsnot von der Caritas Frankfurt umfasst. Nahe der „Out of Action Area“ geraten die Bezugsgruppen in einen Checkpoint der Polizei. Der Kontrolle kann sich nicht entzogen werden. Personaldaten werden aufgenommen, mitgeführtes Gepäck kontrolliert. „Befindet sich Alkohol in der Flasche?“ Ein Geruchstest scheint die Negation zu bestätigen. Eine mitgeführte Arbeitsschutzbrille wird in einem Rucksack entdeckt, originalverpackt. Der Polizist mit dem Truppkennzeichen römisch I wird stutzig. Er begutachtet die Schutzbrille und scheint nicht sicher, ob sie als Defensiv-Waffe zu betrachten ist. Nach kurzer Rückfrage beim Vorgesetzten „Schmittchen“ kommt es dann nicht zur Konfiszierung. Die Gruppe 1026 der Polizei findet keine weiteren verdächtigen Gegenstände und lässt alle passieren. Am Nachmittag wird das NAXOS am Theater Willy Pramel erreicht. In der Out-of-Action Area befindet sich der „No Troika Infopoint” und eine Feldküche für die individuelle Stärkung. Bei Erbsensuppe und Kaffee kommt man ins Gespräch, z.B. mit Martin von den Filmpiraten. Er konnte nach eigenen Angaben die Ausschreitungen am Morgen dokumentieren und möchte seinen Bericht zeitnah ins Netz stellen. Für einen ausgiebigen Plausch bleibt jedoch keine Zeit, um 17 Uhr startet der Internationale Demonstrationszug durch Frankfurt. An diesem kann pünktlich teilgenommen werden, nachdem eine freundliche Passantin die Gruppe zurück zum Ausgangspunkt geschleust hat. Ganz vorne marschiert der Schwarze Block und skandiert lautstark anti-nationalistische Töne. „Nationalismus raus aus den Köpfen…a, anti, antikapitalista…Nie, nie, nie wieder Deutschland“ Aus Sorge von der Polizei in diesem Tross eingekesselt zu werden sollen sich die anderen Gruppen zurückfallen lassen. Die Sprechchöre sind weiter hinten gemäßigter, doch auch hier hört man Rufe wie „We wanna make to be – capitalism history!“ Kurz vor Ende des Protestzuges müssen die Bezugsgruppen aus Halle ausscheren, um rechtzeitig mit dem Bus die Rückreise antreten zu können. Um 18:07 Uhr fährt die Bahn von der Haltestelle Südbahnhof Richtung Enkheim. Kurz nachdem zur linken Hand das Raiffeisenbank Frankfurt Stadion vorbeizieht, wird die Haltestelle Schäfflestraße erreicht. Im „Main-Döner“ gegenüber läuft gerade bei N24 die „Börse im Überblick. Moderate Verluste vor US-Notenbank-Beschluss“ ist auf dem Bildschirm-Lauftext zu lesen. Es folgt eine Eilmeldung um 18:32 Uhr:
„Krisentreffen mit Merkel am Donnerstag zu Griechenland. In der Griechenlandfrage kommt es am Rande des EU-Gipfels zu einem Spitzentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). An der Zusammenkunft am Donnerstagabend werden von Seiten der EU-Staaten neben [Bundeskanzlerin] Merkel und dem griechischen Ministerpräsident Alexis Tsipras auch Frankreichs Ministerpräsident Francois Hollande teilnehmen, teilte ein Sprecher von Ministerpräsident Donald Tusk in Brüssel mit.“
Kurz vor 19:00 Uhr wird es dann für die Fahrgäste noch einmal spannend. Nach einer aufgeheizter Stimmung sinkt die Temperatur auf dem Thermometer auf 17º C. Doch von Abkühlung ist nichts zu spüren. Der Heimat-verbundene Busfahrer will pünktlich um Sieben Uhr abfahren, das wurde mehrfach betont. Doch um 19:08 Uhr sitzt gerade einmal die Hälfe der Fahrgäste im Bus. Wurden sie aufgehalten, oder etwa festgehalten? Kaum drei Minuten später tippt der Beifahrer kryptische Zeilen in sein Telefon: „Schließe Stube zu und Sparschwein schließ ich auch weg.“
Was immer das zu bedeuten hat und wer der Empfänger ist, das weiß nur er selbst. Doch schon bald darauf hört man ein Telefon auf den vorderen Plätzen klingeln. Karl M. aus Halle fehlt noch und ist unterwegs zum Bus. Der Mann am anderen Ende der Leitung macht jedoch einen leicht desorientierten Eindruck. Er scheint sich an der Eisporthalle Frankfurt zu befinden. Bei der Anreise ist er gar nicht dabei gewesen. Daher konnte er von der anfänglichen Parkplatz-Suche und darauf folgenden Planänderung gar nichts wissen. Also nimmt er sich ein Taxi und will zum Bus an der Pestalozzischule kommen. „Wenn er mit dem Taxi kommt, sag ihm er soll in die Vatterstraße kommen“ sagt der Fahrzeuglenker leicht genervt. Nun ist es 19:13 Uhr. Er sieht nicht aus, als würde er noch lange warten wollen. Glücklicherweise haben es nun auch die Verbliebenen rechtzeitig zurückgeschafft und füllen den Bus auf. Die Digitalanzeige springt auf 19:14 Uhr. „Er hat noch 2 km“ heißt es am Telefon. Der Kollege versucht nun den ans Lenkrad geklammerten Fahrer zu beschwichtigen: „dann warte nochmal, [er kommt] mit nem Taxi.“ Aber „Taxifahrer müssen sich doch auskennen in Frankfurt“ kommt die Antwort. „Na na na, das ist ne Frage der Nationalität. Nen Taxischein kann man sich auch kaufen“. Um 19:18 Uhr wird auch Max nervös und beginnt zu telefonieren. Dem Busfahrer reicht es jetzt: „2 Minuten warten wir noch.“ Trotz sinkender Temperatur fangen einige an zu schwitzen. Auf der Digitalanzeige kann man die roten Ziffern 19:19 Uhr ablesen, als durch die Frontscheibe das Scheinwerferlicht eines um die Ecke biegenden Fahrzeuges aufblendet. Ein Taxi. „Wir haben hier ein Taxi rein fahren gesehen, ein Großraumtaxi“ heißt es am Telefon. „Mach Dampf hier!“ bemerkt der Fahrer bei bereits laufendem Motor. Um 19:20 Uhr steigt Karl M. mit Mütze, grauen Pullover und einem Lächeln in den Bus. Die Tür geht zu und der Bus fährt ab. Wie sein Tag wohl gewesen ist?
Die Stimmung kühlt sich wieder ab. Nun weiß der Beifahrer mit der Baseballmütze zu berichten:
„7 Polizeiautos haben sie abgefackelt. Mit Steinen haben sie angegriffen. 80 Polizisten sind außer Gefecht gesetzt worden…Die Vermummten haben sich wieder fertig gemacht.“
Der weiße Reisebus aus Markranstädt verschwindet daraufhin im Dunkeln der Autobahn, vorbei am Raiffeisenbank Frankfurt Stadion. Vorüber ziehen die orangefarbenen Lichter der Baustellenfahrzeuge. Irgendwann kommt ein junges Mädchen während der Fahrt nach vorne und sagt zu den Fahrern: „Es mehren sich die Stimmen für eine Pinkelpause.“ Da platzt es aus dem Fahrer mit der Schirmmütze heraus:
„Wenn sie sich hehme so benehmen, da wär ich aber gespannt, Du. Da frag ich mich wer ständig auf Klo geht, wo doch klar ist dass die Spülung nicht geht. Es ist ständig die letzte Reihe da, so wie´s da aussieht!“
Spätestens jetzt ist wohl allen klar, wer die Scheiße am Ende weg machen muss.
(Namen wurden geändert)
Weblinks:
- Bankenaufsicht: Deutsche Förderbank rebelliert gegen EZB (Spiegel Online. 02.04.15)
Aufruf zu zivilem Ungehorsam?
Weblinks:
- Blockupy-Protest gegen EZB: Zoff an der Zentrale des Geldes (Spiegel Online. 17.03-15)
- Blockupy empört über Polizei (FR. 06.03.15)
Ein konspiratives Treffen
Der Veranstaltungsort im Keller eines Leipziger Etablissements hatte einen leicht konspirativen Charakter. Getroffen hatte sich eine kleine Gruppe erfahrener und altgedienter Journalisten, um über ihre langjährige Arbeit als Auslandskorrespondenten in Kriegs- und Konfliktgebieten zu berichten. Es ging um Einflussnahme auf ihre Berichterstattung für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten durch Politik, Militär und Geheimdienste. Eingeladen hatte das Europäische Institut für Journalismus- und Kommunikationsforschung (EIJC). Anlass dieses Treffens ist die Buchveröffentlichung vom wissenschaftlichen Leiter des EIJC und Autor des Buches „Korrespondenten im Kalten Krieg. Propagandist, Diplomat oder Journalist?“, Dr. Lutz Mükke.
Gastredner war der erfahrenen Krisengebiets-Korrespondent der ARD und Kritiker heutiger Berichterstattungspraxis, Christoph Maria Fröhder. Auslandsreporter Dietmar Schumann, ZDF, gehörte ebenfalls zu diesem kleinen Kreis. Schumann, früher Auslandskorrespondent für das DDR-Fernsehen, berichtet später für das ZDF und wurde 2003 Studioleiter in Tel Aviv. Ein Jahr später wird er wegen angeblicher Agententätigkeit für die Stasi zurückbeordert. Er geht davon aus dass die öffentliche Anschuldigung zu seinen Stasi-Kontakten in Zusammenhang mit der Israel-Berichterstattung damals stehe.
Die Journalisten haben unter der Moderation von Martin Hoffmann (ZDF/EIJK) Einblick in viele Jahre Krisenberichterstattung und Auslandskorrespondententätigkeit zugelassen.
Bei der Vietnam-, Afghanistan-, Irak- und Afrika-Berichterstattung musste Fröhder nach eigenen Angaben vielen Einflussversuchen widerstehen. Schuhmann, Moskau-, Kaukasus- und Afghanistan erprobt, musste seine Kontakte zum MfS als Büroleiter in Budapest eingestehen. Doch auch ARD-Mann Fröhder sagt „Agenten haben sich immer wieder als Informanten angeboten, ich habe sie nicht genutzt.“ „Der BND wollte im Irak sogar unsere Satellitentelefone benutzen“, was er zu verhindern wusste.
Da Mükke´s Veröffentlichung die Berichterstattung und Einflussversuche im Kalten Krieg beschreibt, kann somit die Berichterstattungspraxis zweier politischer Systeme veranschaulicht werden. Es stellte sich heraus dass im zentralistisch geführten Staat hauptsächlich systemtreue Journalisten ausgebildet worden sind.
„Alles wurde im Zentralkomitee der SED entschieden. Wir waren natürlich Partei-Journalisten. Es wurde vorgegeben, was gewünscht wird. Es gab lange Listen von Tabuthemen, über die wir nicht berichten sollten. Nicht über Probleme in der Sowjetunion, soziale Probleme, Afghanistan. Für die Auslandsjournalisten war die Leine länger als für diejenigen, die in der DDR gearbeitet haben. Es hing auch von der Persönlichkeit [des Journalisten] ab“, so Schumann.
Fröhder sagt hingegen das im Westen jeder Journalist werden konnte und kann, wenn er Abnehmer für seine Berichte findet. Zur Vietnam-Kriegsberichterstattung erinnert er sich:
„Glücklicherweise musste ich keinerlei Rücksichten nehmen, das hat aber auch zu massiven Zerwürfnissen geführt.“
So wurde er wegen seiner Berichterstattung über die GI´s beim WDR suspendiert. Daraufhin habe er sich jedoch beim Intendanten beschwert, der sich dann den Chefredakteur vorgenommen habe, um ihm „die Ohren lang zu ziehen“.
„Das werden sie heute nicht mehr finden“, bemerkt er dazu. „Hierarchien hatten schon wenig Mut zu Zeiten des Kalten Krieges.“
So sei er drei bis viermal vor verschiedenen Rundfunkräten erschienen, doch bei guter Vorbereitung war nicht mehr er derjenige, der sich rechtfertigen musste. „Durchsetzungsfähigkeit macht einiges möglich“, sagt auch Schumann.
Mükke fasst zusammen dass damals im Osten entschieden wurde, ob man politisch tragbar war. „Fakt ist das Korrespondenten sehr gut gescannt wurden… In der DDR war Auslandsjournalismus Teil der Außenpolitik“.
Aber auch die Beschränkungen im Westen haben laut Fröhder kontinuierlich zugenommen. So sei die Zensur der Amerikaner im 1. Golfkrieg mäßig gewesen. „Im 2. Golfkrieg wurden sie rattengiftig und im 3. Golfkrieg wurde es noch extremer.“
„Die Amerikaner haben am Aufnahmeort durch die Kamera schauen wollen.“
Im Laufe der Jahre, die er selbst erlebt habe, sei die Schraube angezogen worden – speziell unter G. W. Bush.
Er erinnert sich wie er in einer US-Kaserne im Irak „per Zufall in eine Black Site reingeraten“ sei. Beim Toilettengang habe er seltsame Geräusche wahrgenommen und sei diesen gefolgt. Er sah „20 Menschen mit Tüten über dem Kopf. Die darben in ihrer eigenen Scheiße.“ Mit einer List habe er später den Raum noch einmal mit Journalisten-Kollegen betreten können und heimlich Bilder gemacht. Die Beschwerde der amerikanischen Botschaft nach Berlin kam prompt.
„Wenn sie da nicht einen starken Chefredakteur oder Intendanten haben, wird es gefährlich.“ (Fröhder)
Die Berichterstattungspraxis bei „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ ist ihm heute zu unkritisch, Schuhmann stimmt ihm zu. (vgl. Spiegel Online. 07.02.15)
Auf die Frage im Publikum, wer denn heute Tabulisten mache, damit es in den Medien unisono zum Putin- und Griechenland-Bashing komme, antwortet der 72-jährige Fröhder: „Tabulisten haben wir nicht, aber immer mehr Mainstreamjournalismus mit immer weniger qualifiziertem Personal.“ Es gebe aber gut organisierte Beobachtungsorganisationen zu den Öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Wichtige Entscheidungsträger in den deutschen Medien seien bei amerikanischen Think Tanks angestellt und transportierten deren Meinungen.
Das Gespräch lieferte nur einen Ausschnitt aus der Praxis politischer Auslandsberichterstattung. Mükke´s Veröffentlichung „Korrespondenten im Kalten Krieg. Propagandist, Diplomat oder Journalist?“ beinhaltet 17 Interviews u.a. ehemaliger Korrespondenten, darunter Schuhmann und Fröhder. Autor Mükke macht zum Schluss noch auf die „riesenhaften Überlappungen, Schnittmengen und Gemeinsamkeiten zwischen journalistischem und geheimdienstlichen Tätigkeiten aufmerksam. „Die einen der Befragten fanden das ganz normal“ zusammen zu arbeiten. Die Zusammenarbeit im Osten könne man ja auch in der Stasi-Unterlagenbehörde um die Ecke einsehen. Doch es sei schwer auf der westdeutschen Seite dazu zu recherchieren. Ein Pendant zum Stasi-Archiv gebe es nicht, es sei in Deutschland kein Forschungsthema und der Quellenschutz hat im aktuellen System bestand. In Deutschland sei dazu auf die Journalisten Koch vom Spiegel und Schmidt-Eenböhm verwiesen. Doch schon in den 70er Jahren hatte Carl Bernstein über die Arbeit von CIA und New York Times in „The CIA and the media“ berichtet. Die Aufgabe beider Seiten ist es eben, Informationen zu entlocken und zu analysieren.
„Bei Archivsuchen gibt es hinlänglich Knüppel, die einem vor die Füße geworfen werden, bis zu, dass man aus dem Haus geworfen wird“, so der Autor der jüngsten Veröffentlichung. Viele Korrespondenten und Auslandsreporter in Ost und West hätten das Buch nicht unterstützt.
“Letztendlich staunt man immer wieder, was alles möglich ist”
Gerade ist bekannt geworden dass der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch vom Chefsessel des Bau- und Dienstleitungskonzerns Bilfinger zum Aufsichtsrat bei Vodafone Deutschland gewechselt ist. Zu Beginn der Leipziger Buchmesse hat sich Investigativ-Reporter Hans-Martin Tillack auch beim nr-Stammtisch in Leipzig gezeigt.
Der derzeitige Stern-Reporter musste mit seinem Blatt jüngst eine Schlappe vor dem Berliner Verwaltungsgericht hinnehmen, indem es um die “Herausgabe eines Briefwechsels zwischen dem damaligen griechischen Premier Kostas Simitis und dem seinerzeitigen Bundeskanzler Gerhard Schröder” ging. Er wollte zu Hintergründen und verschiedenen Vermutungen über den Beitritt Griechenlands zur europäischen Währungsunion recherchieren. Leider bekam er nur hauptsächlich vom Kanzleramt geschwärzte Unterlagen zu sehen, wie er in seinem Blog-Beitrag berichtet.
Tillack selbst gilt als unbequemer und streitbarer Journalist, der unter anderem über die “Geschmierte Demokratie” publiziert hat und sich gerne mit Lobbyismus und der Frage, wer in Deutschland die Strippen zieht, auseinandersetzt. Sein neuestes Buch “Die Lobbyrepublik” hat er soeben auf der Leipziger Buchmesse vorgestellt. Dabei bieten gekaufte Politik und gekaufte Politiker sicher reichlich Gesprächsstoff. “Letztendlich staunt man immer wieder, was alles möglich ist” , so Tillack. Doch “ohne freie Presse ist Korruptionsbekämpfung schwierig”. Leider sagt Tillack auch, der wohl auch nicht bei allen seinen Kollegen beliebt zu sein scheint, dass gerade in Brüssel ein wenig hinterfragender Journalismus die Vorherrschaft habe. Dort zeichne sich eher ein missionarischer Journalismus im Sinne der guten Sachen, der Europäischen Einigung, ab. Das Interesse an Lobby-Themen sei bei den Journalisten eher gering. Doch immerhin hat sich schon die New York Times mit diesem Thema beschäftigt. So versuchen hierzulande hauptsächlich NGO´s, wie zum Beispiel Lobby-Control, das wichtige Thema anzustoßen.
Deutschlandfunk hat Tillack bei der Eröffnung der Leipziger Buchmesse interviewt:
Carsten Tesch interviewt den Autor seiner neuen Buchveröffentlichung für den MDR Figaro.
Weblinks:
- Die geheimen Kunden der Lobbyisten (Tillack-Blog. 07.01.16)
Eine Realität
Real ist alles, was keine Illusion ist und auch in Wahrheit so ist, wie es scheint.
In Wahrheit wird an der Kasse 50 Cent mehr berechnet, da braucht man sich keiner Illusion hinzugeben.
Die Wirklichkeit des Einkaufs-Alltags kennen wir ja schon, wenn bei anderen Supermärkten die Kasse klingelt.
Eis am Stiel zum Weltfrauentag
Die Frühlingsgefühle erwachen langsam aus dem Winterschlaf. Beim Italiener um die Ecke scheint die Sonne und schon kostet die Kugel Eis 1€. Die Inflationsrate von 10 Prozent halten aber noch nicht alle Eisdealer ein.
Bei Janny’s Eis bekommt man die Kugel in Halle noch zum Vorjahrespreis von gerade einmal 90 Cent. Auf die Frage wie lange der Preis noch gehalten werden kann heißt es freundlich: “Nicht nur bis 18 Uhr heute”. Dieses Jahr werde es keine Preiserhöhung geben, wird uns versprochen. Warten wir mal ab, der Sommer fängt erst an.
Weblinks:
- Inflation: Verbraucherpreise steigen im März etwas stärker (Spiegel Online. 30.03.15)
Ein Festessen für alle
Ab morgen will Mario Draghi mit seiner EZB massenhaft Staatsanleihen aufkaufen. Damit uns das Essen nicht im Halse stecken bleibt feiert Penny zugleich die USA- Woche. Das passt, dann bleibt wenigstens nicht nur der Aktienmarkt aufgebläht.
Um uns vor dem Kollaps zu bewahren empfiehlt sich jedoch die rechtzeitige Immunisierung.
So sollte man nicht nur auf jeden Penny, sondern auch das richtige Netto achten.
Ob die Rechnung am Ende stimmt, sehen wir schließlich an den Kursen der Pharmaindustrie. Die macht gleich doppelten Gewinn, bei der Aufzucht und der Sättigung des Marktes.
Weblinks:
- Multiresistente Keime: Das bringt uns noch um (DIE ZEIT. 20.11.14)
- Fleischwirtschaft: Die Schlachtordnung (DIE ZEIT. 17.12.14)
NEIN zur Einschränkung des Streikrechts
Tarifeinheit: JA – Eingriff ins Streikrecht: NEIN
Tarifeinheit, also der Grundsatz „Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“, ist ein gewerkschaftliches Solidarprinzip. Ziel der Gewerkschaften muss es sein, Solidarität zwischen allen Gruppen von Beschäftigten in einem Betrieb oder einer Dienststelle zu schaffen. Das macht die Belegschaft und ihre Gewerkschaft stark. Diese Einheit kann nur politisch, durch gewerkschaftliches Handeln geschaffen werden.
Die schwarz-rote Bundesregierung will Tarifeinheit jedoch gesetzlich verordnen und hat den „Entwurf eines Gesetzes zur Tarifeinheit“ vorgelegt. Die Gewerkschaften Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Erziehung und Wissenschaft (GEW) und ver.di lehnen ein solches Gesetz ab. Nicht nur, weil hier gesetzlich verordnet werden soll, was nur politisch zu lösen ist. Das Gesetz soll vorschreiben, dass nur der Tarifvertrag der Mehrheits-Gewerkschaft in einem Betrieb gelten soll. Die Mitglieder einer Minderheits-Gewerkschaft wären tariflos, und ein Streik für eigenständige tarifliche Bedingungen unterläge der gerichtlichen Prüfung, ob der Streik verhältnismäßig wäre. Und das wäre nichts anderes als eine Einschränkung des Streikrechts. Für NGG, GEW und ver.di nicht zu akzeptieren.
Weitere Informationen und Unterschreiben auf der Seite der Gewerkschaft verdi.