Das Personalkarussell an der Wall Street

Über den langen Arm der Investmentbank Goldman-Sachs ist bereits berichtet worden. Nun kommen neue Enthüllungen an die Öffentlichkeit, die dieses Bild bestätigen.

Bereits im Oktober hat die New York Times über die Arbeitsweise der US-Bankenaufsicht Federal Reserve Bank of New York berichtet. Demnach gebe es Anschuldigungen, dass die Federal Reserve gegen ihre Aufsichtspflicht gegenüber der Investmentbank Goldman-Sachs verstoßen habe. (vgl. NYT. 02.10.14)

Auschüsse im US-Senat und Repräsentantenhaus prüfen daraufhin die Praxis der Aufsichtspflichten gegenüber Goldman-Sachs und weiterer Banken in Anhörungen. Der Stein ist ins Rollen gekommen, als die Investigativ-Plattform ProPublica und das Radio-Programm „This American Life“ heimliche Aufnahmen der Interaktion zwischen Fed-Bediensteten und Goldman-Mitarbeitern veröffentlicht haben.

Die frühere Fed-Mitarbeitern Carmen M. Segarra, die die Aufnahmen gemacht hat, hat die New York Fed verklagt, weil sie angeblich wegen einer zu harten Haltung gegenüber Goldman-Sachs gefeuert worden sei. Ihre Aufnahmen lassen vermuten dass ihr Vorgesetzter in der Fed einen Kuschelkurs mit Goldman gefahren sei und zudem geholfen habe, ein verzerrtes Bild über bestimmte Bankgeschäfte abzugeben.

Kritik an der korrekten Umsetzung der Aufsichtspflicht der Fed gibt es auch in höchsten Wissenschaftskreisen:

‹‹Soon after the financial crises, a report on the New York Fed´s practises by a Columbia University professor, David Beim, found that the regulator needed to be “willing to stand up to banks and demand both information and action” and was ”too risk-aversive to respond quickly and flexibly to new challenges.”›› (Popper & Eavis. In: NYT. 02.10.14)

US-Senatorin Elizabeth Warren spricht sich nun für eine ausgedehnte Untersuchung über die Geschäftspraxis der Fed aus:

‹‹”We need congressional hearings to dig into what´s gone wrong at the Fed, and we need to do it now because our whole economy is riding on the Fed´s ability to supervise the biggest banks.” ›› (Popper & Eavis. In: NYT. 02.10.14)

Die New York Fed, eine von 12 regionalen Federal Reserve Banken, hat schon immer ungewöhlich gute Beziehungen zur Wall Street gehabt. Sie befindet sich in Lower Manhatten und hat selbst Wall Street Jongleure bei sich beschäftigt. (vgl. Popper & Eavis. In: NYT. 02.10.14)

Die Enthüllungen des Personal-Karussels zwischen Goldman- und Aufsichtorganen findet in der jüngsten Veröffentlichung der New York Times neue Nahrung.

Abgesehen davon, dass der Präsident der New York Fed, William C. Dudley, selbst wie EZB-Chef Draghi ehemaliger Goldman Chef-Ökonom gewesen ist, werden auch Stellen in den ´unteren´ Rängen zwischen Bank und Kontrollinstanz gerne getauscht. Diese Drehtür scheint ein probates Mittel, um im Sinne der eigenen Interessen handeln zu können.

Jetzt wird öffentlich, dass der ehemalige Fed-Bedienstete, Rohit Bansal, ebenfalls zu Goldman-Sachs gewechselt ist und dort sein Insiderwissen zur Anwendung gebracht habe.

Der 29-jährige sollte nun dieselben Banken beraten, die er zuvor kontrolliert habe.

‹‹And the banker obtained confidential information, along with several publicly available facts, in the course of assignments from his bosses at Goldman, the lawyers said.›› (Silver-Greenberg, Protess & Eavis. In: NYT. 19.11.14)

Diese Informationen gaben Goldman einen Einblick in private Erkenntnisse der Fed, so die Anwälte in diesem Fall.

Auf Anfrage seiner Vorgesetzten erstellte Mr. Bansal Informationen darüber, wie Aufseher verschiedene Angelegenheiten von Goldman´s Bankkunden sehen würden, so die Anwälte laut NYT. Dabei handle es sich um eine juristische Grauzone. Doch in einer E-Mail an seinen Vorgesetzten Joseph Jiampietro, teilte Mr. Bansal potentiell vertrauliche Informationen der Bankenaufsicht über einen Goldman-Kunden. Seien Anwälte behaupten dass er diese Informationen nicht wissentlich missbraucht habe.

Nach der Veröffentlichung dieses Falles schmiss Goldman den Banker und seinen Vorgesetzten unvermittelt raus. Das verdächtige Leck in der New York Fed wurde ebenfalls entsorgt. Goldman-Sprecher Michael DuVally spricht später von einer daraufhin eingeleiteten internen Untersuchung und betont die Null-Toleranz-Linie der Investmentbank in Bezug zur Nutzung vertraulicher Informationen.

Nach Öffentlichwerdung des Lecks wurden die Behörden informiert und überprüfen ob es sich bei der Weiterleitung der internen Informationen um ein eine Straftat handle.

‹‹The investigations are at an early stage and there is no indication that the three men will face charges. It is unclear wheather more senior individuals at Goldman or the New York Fed knew about the sharing of the informatioen before it was stopped.›› (vgl. Silver-Greenberg, Protess & Eavis. In: NYT. 19.11.14)

Dieses Leck wirft jedoch wieder Fragen nach der Unabhängigkeit und Verwobenheit unserer systemrelevanten Institutionen auf

Aber auch in Deutschland wundert man sich, warum die Bankenaufsicht Bafin die Regulierung ausländischer Banken in den USA kritisiert.

Weblinks:

Sinkende Arbeiter-Löhne lassen Mittelschicht schrumpfen

Die New York Times berichtet über eine neue US-Studie des National Employment Law Project (NELP) zur Lohnentwicklung in der Arbeiterklasse. Demnach werden heutzutage viele Jobs in der Industrie viel schlechter bezahlt als früher. Das Lohn-Verhältnis im Vergleich zur Arbeit im Privatsektor habe sich seit 2007 umgekehrt. Früher sei der Industrie-Arbeiter besser bezahlt worden als der Beschäftigte im Privatgewerbe, seit einigen Jahren bekommt der Bandarbeiter in den USA ein durchschnittlich geringeres Gehalt.

“…evidence is growing that the pay of many blue-collar jobs is shrinking to the point where they can no longer support a middle-class life.” (Schwartz & Cohen. In: NYT. 20.11.14)

Bei Automobil-Zulieferern ist der Reallohn in den Jahren 2002 bis 2013 um 4.4 Prozent gesunken. NELP-Forscher fanden einen Lohnrückgang von 1/3 für die gesamte Arbeiterschaft, so die NYT.

Arbeiter in der Teilefertigung, die 72 Prozent der Beschäftigten im Automobilbereich ausmachen,  verdienen ebenfalls ein Drittel weniger als Montagearbeiter, die anschließend diese Teile zusammensetzen. Von 2003 bis 2013 sei das Durchschnittsgehalt in der Teilefertigung von $18.35 auf $15.83 gesunken.

Ein Hauptgrund für die geringere Bezahlung ist der extensive Gebrauch von Zeitarbeitern.

„At the same time, one of the most important reasons for lower pay is the increased use of temporary workers. Some manufacturers have turned to staffing agencies for hiring rather than employing workers directly on their own payroll. For the first half of 2014, these agencies supplied one out of seven workers employed by auto parts manufacturers.” (Schwartz & Cohen. In: NYT. 20.11.14)

Die vermehrte Einstellung von den schlechter bezahlten Zeitarbeitern, vor allem in der Produktionslinie, macht sich nicht nur in der Arbeitnehmer-Statistik in der Industrie bemerkbar. Diese Praxis wirke sich ebenso auf die Anzahl der Vollzeit-Stellen aus. Auch ein „Hocharbeiten“ langjährig erfahrener Arbeiter in der Industrie sei dadurch unwahrscheinlicher geworden.

“When Timothy Shelly first started working at the Faurecia Automotive Seating plant in Cleveland, Miss., he was earning $8 an hour. Nearly 10 years later, with a promotion that moved him up to managing three other workers, he
earns $12.72, not much more than the rise in the cost of living over the same period.“ (Schwartz & Cohen. In: NYT. 20.11.14)

Trotz dieser wachsenden Kluft der Arbeiter-Löhne stellt die Politik in Washington den Fertigungs-Sektor als Wegbereiter zur Mittelschicht. Laut Bureau of Labor Statistics arbeiten 12,2 Millionen US-Amerikaner in Manufaktur-Betrieben.

In Deutschland ist die Zeitarbeit äußerst unbeliebt, jeder zweite Leiharbeiter will weg. (vgl. Spiegel Online. 15.02.14) Liberalisiert wurde die Zeitarbeit in Deutschland bekanntlich durch die SPD unter Gerhard Schröder.

„Bereits unmittelbar nach der Bundestagswahl 2002 hatte die rot-grüne Regierung erste Hartz-Reformen angestoßen. Sie fußten auf den Vorschlägen einer Arbeitsmarktkommission unter der Leitung des VW-Managers Peter Hartz. Denn die Konjunkturaussichten der deutschen Wirtschaft sind zu der Zeit trübe, wegen überhöhter Neuverschuldung bekommt Deutschland einen blauen Brief aus Brüssel. Diese ersten Hartz-Gesetze hatten den Zugang zu Leih- und Zeitarbeit gelockert, Minijobs ermöglicht sowie mit Einführung sogenannter Ich-AGs den Bürgern Schritte in die Selbstständigkeit erleichtert. Und nun die Agenda 2010.“ (Deutschlandfunk. 14.03.13)

Weblinks:

Bald ist Zahltag

Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) will mit allen Mitteln die Inflation anheizen. (vgl. SZ. 21.11.14) Die Umlegung der Schulden auf die Allgemeinheit muss allen Anschein nach vorangetrieben werden. Im September ist über 800 Milliarden Euro für neue Hilfsprogramme durch die EZB berichtet worden. (vgl. Spiegel Online. 07.09.14) Finanzschwache Banken sollen gestärkt und zu neuer Kreditvergabe an die Wirtschaft animiert werden. Angekündigte und bereits ausgeführte Maßnahmen, wie zum Beispiel Zinssenkungen auf ein Rekordtief sowie angekündigte Negativzinsen, scheinen nicht auszureichen, um mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen.

Wolfgang Münchau schreibt in seiner Kolumne bei Spiegel Online dass die Anleihekäufe der Zentralbank nicht zur (gewünschten) Inflation führen müssen, da durch diese Maßnahme zwar die existierende Geldbasis wachse, die vorhandene Geldmenge jedoch nicht. Hauptbestandteil der Geldbasis seien die Rücklagen, die die Banken bei der EZB bilden müssen. Mit dem Geld, das von Kundeneinlagen abzüglich der Rücklagen übrig bleibt, kann die Bank arbeiten. Verleiht sie es mit Zinsen weiter oder führt es anderweitig in den Wirtschaftskreislauf, beeinflusst sie damit die existierende Geldmenge. (vgl. Spiegel Online. 17.11.14)

Und was bedeutet es, wenn der Ex-Goldman Sachs Mann Draghi seiner Aufgabe gerecht werden will und die Inflation ankurbeln möchte?

 „Inflation

[lat.] I. bezeichnet eine wirtschaftliche Situation, in der ein Missverhältnis zwischen der volkswirtschaftlich vorhandenen Geldmenge (Überangebot) und dem Angebot an Waren und Dienstleistungen herrscht. Dies führt zur Steigerung des Preisniveaus und zur Senkung der Kaufkraft des Geldes. Zu unterscheiden sind

1. Nachfrage-I., die aus einer übersteigerten Nachfrage der privaten und öffentlichen Haushalte resultiert;

2. Angebots-I., die aus kostenbedingten Preiserhöhungen (Arbeits-, Materialkosten, Steuern, Nebenkosten) oder Preiserhöhungen resultiert, die den Gewinn erhöhen sollen;

3. importierte I., die ausländische I.-Entwicklungen ins Inland überträgt.“ (bpb.de Stand: 21.11.14)

Bleibt die Inflation aus ist die vorhandene Geldmenge im Wirtschaftskreislauf zu gering. Demnach können keine Investitionen getätigt werden, Produkte werden nicht abgenommen. Die Wirtschaft wird mittelfristig nicht wachsen können und der bald günstigeren und besseren Konkurrenz unterliegen. Schulden und Schuldzinsen können nicht getilgt werden.

Dabei berichtet DIE ZEIT  im November über die aktuelle Preissteigerung in Deutschland.

„Kinokarten: 2,4 Prozent. Kinderjacken: 3,5 Prozent. Hackfleisch: 0,3 Prozent. Vollkornbrot: 0,9 Prozent. Das sind Beispiele für aktuelle Preissteigerungen in Deutschland. Im Durchschnitt aller angebotenen Güter und Dienstleistungen ergibt sich ein Anstieg von 0,8 Prozent.“ (Uchatius. In: DIE ZEIT. 13.11.14. S.13)

Wegen der Zinspolitik bzw. niedriger Zinsen auf dem Bankkonto (Deutsche Bank: 0,05 Prozent; Targobank: 0,1 Prozent; Commerzbank; 0,05 Prozent; HypoVereinsbank: 0,01 Prozent) ergibt sich faktisch bereits eine Geldentwertung. Diese möchte Mario Drahgi weiter anheizen, da die angepeilte (nötige) 2 Prozent Inflationsrate nicht erreicht wird. Kinokarten, Hackfleisch, Brot, Milch und Eier sollen also teuer werden. Doch „insgesamt haben [die Bundesbürger] .. 3,84 Billionen Euro bei Banken und Versicherungen deponiert. Mit diesem Geld ließen sich mehr als zehn Jahre lang alle Ausgaben des Bundes bezahlen.“  (Uchatius. In: DIE ZEIT. 13.11.14. S.13)

Die Zahl der Milliardäre ist heute auf einem Rekordhoch. Die Zahl der Superreichen wachse schneller als die Weltwirtschaft.

„Weltweit gibt es im laufenden Jahr 2325 Milliardäre, heißt es in einer Erhebung der Schweizer Bank UBS und des auf vermögende Privatkunden spezialisierten Datenanbieters Wealth X. Das seien 155 oder sieben Prozent mehr als im vergangenen Jahr.“ (Spiegel Online. 17.09.14)

„In Deutschland gibt es mehr als 19.000 Multimillionäre – so viele wie nirgendwo sonst in Europa.“ (Spiegel Online. 19.11.14)

Warum sollen die Arbeiter und Dienstleister mit ihren Gehältern die Wirtschaft ankurbeln, indem sie mehr für Essen, Trinken und Benzin bezahlen müssen, während andere für 26 Millionen Euro einen blauen Diamanten oder für 62 Millionen Euro einen rosafarbenen Diamanten ersteigern?

Der Vorsitzende des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe, Thomas Fischer, gibt seine Stellungnahme im Fall des jüngst verurteilten Middelhoff zu den Mächtigen in der Gesellschaft:

Die Herren der Chefs

Herr Middelhoff mag der Concierge sein am Eingang zur Schatzhöhle. Aber der Goldene Drache ist er nicht, also kein Gutseigentümer.
Die Herren der Chefs, die ‹‹Treugeber››, die Großfürsten im Reich der Ressourcen, sind – während der Rest empört ist über die großen und kleinen Middelhoffs – fein raus: Sie fliegen, wohin sie wollen. Sie kreisen mit ihren eigenen Privatjets rund um ihren eigenen Garten, tagein, tagaus. Sie fressen tonnenweise Kaviar und werfen die Reste aus dem Fenster. Sie verbrennen 10 Millionen Dollar im Kamin. Sie stopfen den schönsten Huren die Blusen voll Gold und ihren ‹‹Verwaltern›› das Maul mit Boni, die mindestens zur Hälfte der Steuerzahler bezahlt. Denn ihnen gehören die Welten, und die Middelhoffs allemal.
Man sollte denken: Wer über Gutsverwalter spricht, sollte über Gutseigentümer nicht schweigen. Denn ohne Herren keine ‹‹Verwalter››. Es gibt sie ja noch, bei uns und anderswo. Sogar in großer Zahl: Oligarchen und Milliardärinnen, Ölmagnaten und Latifundienherren, Kaufhauserbinnen und Reeder.
Manchen gehören ganze Straßenzüge oder Regenwälder oder die Gasproduktion für Generationen. Wer hat die längste Jacht der Welt? Welcher Sohn welches Königs fliegt mit dem teuersten Flugzeug? Das sind, erstaunlicherweise, nur müßige Fragen, für illustrierte Zeitschriften.
Eine andere Frage ist vielleicht noch beunruhigender: Was wäre, wenn die kleinen und großen Middelhoffs die wahren Herren der Welt wären, weil nur die wundersamen Konstruktionen des Aktien- und Konzernrechts den Inhaber von ein paar läppischen Arcandor-Aktien als Herrn des Verwalters Middelhoff erscheinen lassen? Der Großteil der Aktien  gehört ja anderen Aktiengesellschaften, an deren Spitze wiederum nur ein Herr Middelhoff steht, und so immer weiter, bis alle am Ende nur die Verwalter ihrer selbst sind – und dem Bürger, dem keine Aktie gehört und kein Kaufhaus und kein Tanker, schwindelt vor dem unermesslichen Reichtum, der an ihm vorbeifließt, strudelt und in schwarzen Löchern versinkt oder am Himmel explodiert in Freudenfeuern der Divisenhändler. Was ist uns, fragen die Theoretiker der praktischen Vernunft, unter solchen Bedingungen noch Schuld? Und was nützt uns Moral?“  (Fischer, Thomas. In: DIE ZEIT. 20.11.14. S.25)

Wo kommt das Geld eigentlich her und wo fließt es hin? Wer hält die Wirtschaft am Laufen und wer profitiert davon?

Hoffen wir mal das Mario Draghi nicht die Angebots-Inflation meint, die er in die Höhe treiben will. Doch wie kommt sonst das ganze Geld wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück?

Soll der einfache Bürger bezahlen, indem sie für die gleichen Güter tiefer in die Tasche greifen muss? Auch wenn die Notenbanken mit ihren Aufkaufprogrammen nur die vorhandene Geldbasis erhöhen, zahlen am Ende nicht die Verursacher der Krise. Sicher, in jüngster Zeit ist es  reihenweise zu Ermittlungen und Urteilen über Strafzahlungen der Banken in Milliardenhöhe gekommen. Doch wer kann beurteilen ob diese Strafen eine abschreckende Wirkung haben oder nur wie eine Beruhigungstablette wirken. Wenn ein Gauner 2000 € erbeutet und anschließend 1000 € Strafe zahlen muss, schreckt ihn das für zukünftige Betrügereien ab oder animiert es so weiterzumachen?

„Bei der Fondsgesellschaft Pimco wird offenbar auch Misserfolg belohnt. Denn die Allianz-Tochter hat ihrem Ex-Starinvestor Bill Gross laut einem Medienbericht 2013 trotz bescheidener Anlageerfolge einen sehr hohen Bonus gezahlt. Gross habe rund 290 Millionen Dollar (230 Millionen Euro) erhalten, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf ein internes Dokument… Pikant an dem Bonus: Das von Gross gemanagte Pimco-Flaggschiff Total Return Fund hatte im vergangenen Jahr schlechter abgeschnitten als viele Wettbewerber.“ (Spiegel Online. 14.11.14)

Vielleicht müssen die Zentralbanken so massiv eingreifen, weil entsprechende Straf- und Rückzahlungen dieses Wirtschaftssystem so sehr gefährden oder gar unmöglich sind. Ich weiß es nicht. Wenn es die einzige Alternative zum Kollaps ist müssen wir wohl so weiter machen, andere Möglichkeiten der Umschuldung finden, oder etwas anderes überlegen.

Ist so viel Kritik an bestehenden Verhältnissen nicht auch gefährlich und wirkt am Ende nur wie Brandbeschleuniger, bevor die Feuerwehr anrücken kann? Kann man immer nur kritisieren ohne eine praktikable Alternative parat zu haben?

Kritik findet in der Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung Ausdruck und diese ist der Grundpfeiler unserer demokratischen Gesellschaftsordnung. Kritik kann zudem immer konstruktiv und destruktiv ausgelegt werden, entscheidend ist, was daraus entsteht. Geschichte und Gegenwart sind reich an Alternativen, doch selbst das beste System scheitert zuerst am Menschen.

Sollen die Schwachen und diejenigen, die sich nicht wehren können, bezahlen für die Vergehen anderer? Oder würden sie nicht genauso handeln, wenn sie könnten?

Gewiss ist nur eines, sie sind in der Überzahl.

Weblinks:

Die Welt der Reichen – und Armen

Zahl der Mulitmillionäre mit Vermögen ab 30 Mio. Dollar. Quelle: Spiegel Online
Zahl der Mulitmillionäre mit Vermögen ab 30 Mio. Dollar. Quelle: Spiegel Online

Spiegel Online berichtet über das stetige Wachstum der Vermögen von Superreichen. “Weltweit gibt es im laufenden Jahr 2325 Milliardäre, heißt es in einer Erhebung der Schweizer Bank UBS und des auf vermögende Privatkunden spezialisierten Datenanbieters Wealth X.” (Spiegel Online. 17.09.14) Zur gleichen Zeit müssen andere Menschen Hunger leiden. Damit bestätigen sich nur die Berechnungen vom Ökonomen Pikkety, der davon ausgeht das zunehmende soziale Ungleichkeit im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts eine logische Konsequenz dieses Wirtschaftssystems ist.

Die andere Seite der Medaille beschreibt die Welthungerkarte, die den Prozentsatz der Menschen zeigt, die an Hunger und Unterernährung leiden.

“Nach Ansicht verschiedener Beobachter ist der Welthunger nicht von mangelnder Produktion verursacht, sondern von ungerechter Verteilung. Laut UN werden jedes Jahr 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel in den Müll geworfen, was rechnerisch etwa viermal so viel wie nötig wäre, um das Hungerproblem in der Welt zu lösen. Allein die in den Industrienationen weggeworfene Menge von 300 Millionen Tonnen jährlich würde reichen, um alle hungernden Menschen zu ernähren.[10]” (Wikipedia)  

 

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Percentage population undernourished world map“ von Original uploader was Lobizón at en.wikipedia – Originally from en.wikipedia; description page is/was here.. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

 Weblinks:

Sind Grüne und Sozialdemokraten käuflich?

Machen Sozialdemokraten und Grüne in der derzeitigen Krisenstimmung  Sozialpolitik für die Menschen , oder werden wirtschaftliche Interessen und Intrigen siegen? Inwieweit der Wählerwille bei der Bildung der Großen Koalition nach der Bundestagswahl berücksichtigt worden ist, muss jeder für sich selbst beantworten. Die Frage hat sich gestellt, ob es sich bei dem Ausschluss einer rot-rot-grünen Koalition auf Bundesebene um eine geringe inhaltliche Schnittmenge der roten Parteien, oder parteipolitischer Abgrenzung und Profilbildung  Priorität eingeräumt worden ist. Wahrscheinlich brauchte man nach einer unfreundlichen Vergangenheit zwischen SPD und SED eine Weile, um alte Wunden heilen zu lassen. Nach dem Leipziger SPD-Parteitag hieß es dann schließlich von den Sozialdemokraten, dass zukünftig keine Koalition, außer mit extremistischen Parteien, prinzipiell ausgeschlossen werde.

Nach den ersten rot-roten Koalitionen auf Länderebene in den Jahren 1998 – 2006 in Mecklenburg-Vorpommern, 2002 – 2011 in Berlin und 2009 in Brandenburg hat sich auch in Thüringen auf der politischen Bühne viel getan.

„Anfang 2008 gab es in der SPD in Thüringen Überlegungen, ob man mit der Linken auch koalieren würde, wenn die SPD der kleinere Partner wäre und die Linke den Ministerpräsidenten stellen würde. Richard Dewes plädierte dafür auch als Juniorpartner der Linken zu agieren. Letztendlich unterlag er aber in einer Urwahl gegen Christoph Matschie, der bei der Landtagswahl in Thüringen 2009 als Spitzenkandidat antrat. Matschie wollte nur mit der Linken zusammenarbeiten, wenn diese ihn zum Ministerpräsidenten wählte.[1][2] Im Oktober 2009 entschied sich die thüringische SPD gegen eine rot-rote Koalition und für die Bildung einer großen Koalition unter Führung der CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht.„ (Wikipedia)

Die Zeit für Frau Lieberknecht in Thüringen ist nun abgelaufen, auf dem jüngsten SPD-Parteitag in Thüringen haben sich 69,93 % der Parteimitglieder für eine rot-rot-grüne Koalition in Thüringen ausgesprochen. Scheinbar geht es der Mehrheit der SPD-Mitglieder in Thüringen doch um politische Inhalte. Über vermeintliche Zielgruppen und die Bürgernähe der Christdemokraten wurde vor kurzem erst berichtet. Doch ein linker Ministerpräsident ist in Thüringen noch nicht gewählt, dies ist nach der Landtagswahl nun Aufgabe der Volksvertreter. Eine Koalition zwischen SPD und CDU ist mit einer Stimmenmehrheit von 1 Person möglich, doch die SPD-Basis hat entschieden. So läuft es aller Wahrscheinlichkeit darauf hinaus, dass am 05. Dezember Bodo Ramelow zum ersten linken Ministerpräsidenten der Republik ernannt wird. (vgl. Machowecz. In: DIE  ZEIT)

Die noch amtierende Ministerpräsidentin Lieberknecht wird die Verantwortung übernehmen müssen, in der CDU bricht der Machtkampf um zukünftige Führungsposition innerhalb der Partei aus. „Mehrere Provinzfürsten forderten offen Lieberknechts Rückzug vom Parteivorsitz“ (DIE ZEIT. 13.11.14.) Doch, so wird weiter berichtet, habe sie, wo ihr das Wasser bis zum Halse stehe, in letzter Minute noch etwas Zeit kaufen können. (vgl. Machowecz. In: DIE  ZEIT. 13.11.14.)

Kurz vor dem Erstickungstod hat die Landesfürstin noch einmal tief Luft geholt und herausposaunt

„‹‹Es ist oberste Priorität, einen linken Ministerpräsidenten zu verhindern. Dem wird alles untergeordnet.›› So manches Spiel, sagte Lieberknecht, werde in der 90. Minute oder der Nachspielzeit entschieden.“  (Machowecz. In: DIE  ZEIT. 13.11.14.)

Jetzt wird in der CDU auf Abweichler und Wendehälse bei den Grünen und der SPD gesetzt. Bei dieser hauchdünnen Mehrheit von einer Stimme reicht ein eingeknickter oder gekaufter Parlamentarier, um den ersten linken Ministerpräsidenten zu verhindern.

Wenn der Machterhalt die oberste Priorität der Christdemokraten ist, hat das schmutzige Treiben in der Politik bereits begonnen. Man wird Leichen im Keller potentieller Abweichler suchen. Wird man fündig, ist der Abgeordnete  erpressbar und kann anschließend an die Medien ausgeliefert werden. Das Foto von Ramelow aus der Radarfalle fand auch schnell den Weg zur Bild-Zeitung, wo es mit ungepixeltem Kennzeichen sobald veröffentlicht worden ist. Kontakte zu hauseigenen Diensten können vielleicht bei der Suche weiterhelfen, private oder berufliche Verfehlungen aufzuspüren. Doch vor der Peitsche wird wohl erst einmal das Zuckerbrot ausprobiert, in welcher Form auch immer.

ramelow-radarbild

Quelle: Bild.de

So bleibt zu beobachten welchen Ausgang die Wahl zum künftigen Ministerpräsidenten in Thüringen nimmt, ob vorher ein Skandal in die Öffentlichkeit gelangt, ein Abgeordneter plötzlich erkrankt, verunfallt oder sich kaufen läßt.

Weblinks:

Kinovorschau Citizenfour

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Kinoplakat am Pusch Kino Halle

Das Pusch Kino Halle zeigt im November und Dezember den Film, den die Mainstream-Kinos in Halle derzeit nicht zeigen wollen. “Der Verleiher hat uns spontan angerufen weil die großen Kinos ihn nicht zeigen wollten.”, so der Betreiber. Der Start sei bereits ein überraschender Erfolg gewesen. Im Film werden die acht Tage der verdeckten Zusammenkünfte im Hotelzimmer dokumentiert, in denen Snowden über die Dokumente Auskunft gibt.

Jeder stirbt für sich allein

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Während gerade das Jubiläum es deutschen Mauerfalls gefeiert wird, stellt die Bühne Halle gekonnt Fallada’s gesellschaftskritische Stück Jeder stirbt für sich allein dar. Grandios spielen die Schauspieler des Neuen Theaters die Zeit des Nationalsozialismus und dortigen Verhältnisse nach. Zur gleichen Zeit, in der einem 22-jährigen Palästinenser von der israelischen Polizei in den Rücken geschossen wird, spielen Danne Suckel die Jüdin Rosenthal und Peer-Uwe Teska einen Gestapo-Kommissar, der feindlich gesinnte Elemente und eine Gefährdung der Staatsordnung aufspüren und eliminieren muß.

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Das Stück von Fallada, das auf einem authentischen Fall im Berlin der Kriegsjahre beruht, fesselt das gesamte Auditorium in der nahezu voll besetzten Kammer des Neuen Theaters.
Packend und erschreckend zugleich werden die menschlichen Befindlichkeiten in der damaligen Zeit inszeniert, um den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen oder mit dem Strom mitschwimmen zu können. Lug, Betrug und Verrat spielen in diesem menschlichen Drama die Hauptrollen, aber auch Mut zum Widerstand finden ihren Platz.
Das Berliner Ehepaar Quangel bricht plötzlich die Mauer des Schweigens und beginnt nach dem Tod des einzigen Sohnes im Frankreich-Feldzug Pamphlete zu verteilen. Sie bleiben dabei lange unentdeckt. Die Suche nach den Staatsverrätern gibt dabei ein erschreckend präsentes Bild menschlicher Triebfedern, die völlig losgelöst von Raum und Zeit betrachtet werden können.
Die acht Darsteller um die Regiesseurin Alice Asper überzeugen das Publikum mit ihrem schauspielerischen Geschick, während die Zuschauer mehr oder weniger unfreiwillig die Rolle des Volkes einnehmen. So geht man in der Spielpause nach dramatischen und eindringlichen Szenen schnell zum Alltagsgeplapper über und vermeidet damit tunlichst das Bewußtsein, dass uns hier ein Spiegel vorgesetzt wird.

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