Die verstrahlte Gesellschaft

Die Reaktorkatastrophe von Fukushima jährt sich zum dritten Mal und es zeigt sich dass die Wirtschaftsinteressen auch in Japan wichtiger als Menschenleben sind. Die Folgen von Tschernobyl sind längst bekannt und verdrängt. Jetzt erkranken Helfer nach dem Fukushima-Einsatz an Krebs. (Focus. 06.01.14)
Bei den Bergungs- und Reparaturarbeiten im verseuchten Gebiet scheint es sich um ein „Chaos mit System“ zu handeln. Das Netzwerk FukuLeaks hält dazu interessante Informationen bereit. (vgl. Lill, Felix. In: DIE ZEIT. 28.11.13)
Dennoch scheint das Vertrauen in die Atomtechnologie vor allem in Japan ungebrochen, die Betreiberfirma des geschmolzenen Reaktors möchte weiter Atomkraftwerke in Japan bauen. Für den Betreiber Tepco ist die verwüstete Atomanlage Fukushima Daiichi ein finanzielles Grab geworden. Die Totengräber, gemeint sind Aufräumarbeiter und Troubleshooter vor Ort, schaufeln dabei ihr eigenes Grab. „Unqualifizierte und Mittellose sind Zielgruppe für Fukushima-Aufräumarbeiten“ titelt die NYT am 16. März. Um Geld zu sparen und genügend Helfer zu rekrutieren werden über Subunternehmer Bedürftige und Leute von der Straße für Reparaturmaßnahmen geholt – mit gravierenden Folgen für die Gesundheit aller. Die Mittel für Sicherheit und technische Expertise werden, nachdem anscheinend Gras über die Sache gewachsen ist, von Tepco an anderer Stelle benötigt.

„Tepco, has been shifting its attention away, leaving the complex cleanup to an often badly managed, poorly trained, demoralized and sometimes unskilled work force that has made some dangerous missteps. At the same time, the company is pouring its resouces into another plant, Kashiwazaki-Kariwa, that it hopes to restart this year as part of the government´s push to return to nuclear enery three years after the world´s second-worst nuclear disaster.” (Tabuschi, 16.03.14. In: NYT)

Auch DIE ZEIT berichtet dass bei dem havarierten Reaktor so sehr gespart werde, dass die japanische Regierung eine Klage gegen Tepco erwägt haben solle, eine Zerschlagung „mit Rücksicht auf die kreditgebenden Banken aber zugleich scheut.“ (Lill. In: DIE ZEIT. 28.11.13. S. 37)
Die Verantwortlichen der Reaktorkatastrophe können sich billig von ihrer Schuld freikaufen, während andere weiter die Zeche zahlen. Folge der schlechten Arbeitsbedingungen sind nach Aussagen Beteiligter der Grund für eine Reihe katastrophaler Fehlentwicklungen, wie die radioaktive Kontamination von Mensch und Natur.

Fukushima I reactor units 3 and 4 by Digital Globe
Letzten Oktober sei eine Crew Zeitarbeitnehmer losgeschickt worden, um im Rahmen einer längst überfälligen Erneuerung des Reinigungssystems Kühlwasserschläuche und Ventile auszutauschen. Nach einer nur 20-minütigen Einweisung durch ihre Aufseher haben die Arbeiter weder Pläne über das zu reparierende System, noch Informationen zu Sicherheitsvorkehrungen bekommen. Außerdem wurde ihnen vorenthalten dass ein benachbarter Schlauch mit radioaktiv kontaminiertem Wasser gefüllt gewesen sei. Mangelnde Aufsicht führte schließlich dazu, dass der falsche Schlauch gewählt und radioaktives Wasser ausgetreten ist. Panisch versuchten die Arbeiter das Leck zu abzudichten, besprühten sich dabei selbst und heran eilende Helfer.

Tepco äußert sich laut NYT nicht zu der Erfahrung ihrer Arbeitnehmer, doch die Zeitung fand heraus dass ihr Arbeitgeber den Auftrag eine Woche vor dem Vorfall erhalten habe. Es werden auch keine Angaben gemacht, ob die Leute über Arbeitsvermittler rekrutiert werden.
Shunichi Tanaka von der Aufsichtsbehörde sagte auf einer Pressekonferenz dass eine Struktur von Subunternehmern über drei bis vier Ebenen reiche, so dass selbst Tepco nicht genau wisse was sich auf dem Gebiet abspiele.
Wer die Arbeiter alle sind scheint demnach recht unklar zu sein. Die NYT berichtet unter anderem von einem ehemaligen Busfahrer und Bauarbeiter, der nie in einer Atomanlage gearbeitet habe. Er sollte Tanks mit radioaktiv verseuchtem Wasser versiegeln. Auf Anweisung seines Vertragspartners musste er Risse versiegeln, die bei Regen und Schnee schnell wieder aufgingen.

«“I spoke out many times on the defects, but nobody listened“ He said he rarely saw Tepco managers while on the job. » (Tabuci. 16.03.14. In: NYT)

Tepco verweigert ebenso die Bekanntgabe aller Angaben zu dem jüngsten Leck – dem schlimmsten Austritt in sechs Monaten – weil Arbeiter das kontaminierte Wasser in den falschen Tank geleitet haben. Da ringsherum Alarm wegen Überfüllung ertöne, wurde dieser einfach ignoriert

«No one noticed that water levels in the tank that was supposed to be receiving the water never rose… One ad, for work involving radiation monitoring, said, “You must have common sense, and be able to carry out a conversation.“» (Tabuci. 16.03.14. In: NYT)

DIE ZEIT hat schon letztes Jahr berichtet dass die japanische Mafia Yakuza ihre Schuldner nach Fukushima schicke. ( DIE ZEIT. 28.11.13. S.37) Mittlerweile wurde schon ein Arbeitsvermittler mit Verbindungen zur Yakuza von der Polizei identifiziert.
Da die Experten bereits zu viel Strahlung aufgenommen haben und zu wenig den Job machen möchten, müssen die Schwächsten den Dreck der anderen wegräumen.

„According to company records, contact workers at Fukushima Daiichi receive, on average, more than twice the radiation exposure of Tepco employees.“ (Tabuci. 16.03.14. In: NYT)

Die Betreiber brauchen sich die Hände also nicht schmutzig zu machen. Sie geben die Verantwortung an Arbeitsvermittler ab und sparen sich das Geld für den Aufbau einer neuen Atomanlage. Und derjenige, der es sich leisten, kann bleibt einfach fern.

Lust auf ein Alsterwasser?!

Wer gerne ein Alsterwasser oder Café trinken möchte kann hier am Rathausmarkt gerne verweilen und das Hamburger Innenstadt-Flair genießen. Die Alsterarkaden in unmittelbarer Nähe können als Ausgangspunkt für eine Besichtigung zahlreicher Passagen und Arkaden in der westlichen Innenstadt genutzt werden. „Modehäuser, Boutiquen, Galerien, Antiquitätenshops, Cafés, Bistros, Weinlokale und Spezialitätenläden bieten ein Angebot gehobener Art.“ (Baedeker. 2013. 16. Aufl. S.269.) Nach einem Blick auf die Binnen– und Außenalster gehen wir erstmal wieder zurück Richtung St. Pauli. Nördlich der U-Bahn-Haltestelle St. Pauli liegt die Große Wallanlage, eine Grünfläche zum Relaxen, Sonne tanken und mit Spielplatz für Kinder. Am benachbarten Heiligengeistfeld wird gerade der Hamburger Dom aufgebaut, ein hier regelmäßig stattfindendes Volksfest mit historischen Ursprüngen im 11. Jahrhundert. (s. Wikipedia) Geht man ein Stück weiter nach Norden gelangt man schnell in das Karolinen– und Schanzenviertel. Die Stadtviertel haben hier viel Charme und sind durch eine eher alternative und linke Szene geprägt. In zahlreichen Cafés kann man dem bunten Treiben zuschauen. Nach einem „kurzen“ Schlenker am Sternschanzenpark und Wasserturm vorbei erreicht man später das Schulterblatt.

„Der ungewöhnliche Straßenname stammt von dem Schulterblatt eines Wals – dem Schmuckstück einer Gaststätte namens ‹‹Schulterblatt››, in der sich einst die hier ansässigen Walfänger trafen. Am Schulterblatt steht die ‹‹Rote Flora››, deren Werdegang charakteristisch für das Viertel und seine Bewohner ist. Einst war die Flora Konzertsaal und Varietébühne, dann Operettentheater und schließlich Kino. Ein in den 1980er-Jahren geplanter Umbau zum Musical wurde erst nach der Besetzung des Gebäudes und massiven Protesten ad acta gelegt .. und die bereits halbwegs abgerissene Flora von einer Kulturinitiative des Stadtteils übernommen.“ (Baedeker. 2013. 16. Aufl. S.283)

Nach einer Räumungsaufforderung seitens des Eigentümers im Dezember 2013 ist es Anfang Januar zu gewaltsamen Protesten und der Einrichtung eines polizeilichen Gefahrengebiets um die Flora gekommen. (s. Spiegel Online. 18.01.14)

Nach einer Erfrischung geht die Stadtbesichtigung, vorbei am Kaifu-Bad und der Christuskirche, den Isebek Kanal entlang. Wer dann gen Westen zur Außenalster möchte kann die Route durch das Jungfrauenthal wählen. Wo sich Jungfrauenthal und Hochallee kreuzen sieht man einen Phallus am Horizont erstrahlen. Doch geht hier alles recht gesittet zu, Jungfrauen wurden keine gesichtet und bei näherer Betrachtung erkennt man den Kirchturm von St. Nikolai. Hier mündet die Alster in die Außenalster, an deren Ufer man wieder hinunter Richtung Hauptbahnhof und Rathausmarkt flanieren kann. Schnell versteht man warum die Promenade hier Schöne Aussicht heißt.

Wer die Sicht auf Hamburg lieber naturverbunden und von außen genießen möchte, kann vom Rathausplatz das Ufer um die Außenalster herum spazieren. So oder so, einen Tag sollte man sich dafür schon Zeit nehmen.

Moin moin – Lust auf einen Hamburger?!

Wer einen Tag mit hanseatischen Flair genießen möchte, für den ist Hamburg die erste Adresse. Selbst Hügel und Täler kann der Interessierte hier bewundern – in St. Pauli auf der Reeperbahn…
Kurz nach dem Frühstück in den BAEDEKER geschaut und auf Entdeckungstour gegangen.
Man könnte sich natürlich auch eins von den Citybikes schnappen und los radeln, doch ohne Kreditkarte kann man sich bei der Bahn wohl nicht registrieren lassen. Doch zu Fuß sieht man eh viel mehr….

Im 16 Jhrd. Steht Hamburg unter dänischer Herrschaft, doch Kaiser Maximilian I. erhebt die Stadt in den Rang einer freien Reichsstadt. Damit unterstellt sich Hamburg dem Kaiser, die Rivalitäten zwischen Dänemark und dem aufstrebenden Handelsplatz HH in Europa bleiben bestehen.

1664 macht Friedrich III. Altona zur Stadt und ersten Freihafen Nordeuropas. (vgl. Baedeker. 2013.) Hier beginnt der Stadtspaziergang.

Vom westlichen Stadtrand aus begegnet man schicken Lifestyle, das Ganze umgeben von schönen Altbaufassaden. Wer hier einen Kaffee trinken möchte findet bestimmt irgendwo ein nettes Plätzchen. Wer mehr Geld ausgeben will kann Richtung Zentrum durch den benachbarten Stadtteil St. Pauli schlendern.

„Nachdem die Auseinandersetzungen mit den Dänen nicht aufhören, wird 1768 schließlich zwischen Hamburg und dem Haus Hostein der so genannte Gottorper Vergleich geschlossen: Hamburg verzichtet auf die Rückzahlung von dänischen Anleihen und wird im Gegenzug von den Dänen als ‹‹Kaiserlich Freye Reichsstadt›› anerkannt. (Baedeker. 2013. 16.Aufl. S.35)

Hamburg beginnt später eigenmächtig Überseehandel zu betreiben, was eigentlich den Kolonialmächten vorbehalten war. Ob man mit den Damen auf der Reeperbahn in St. Pauli gut feilschen kann  ist nicht gewiss. Wenn es ums Geld geht  verstehen ja die wenigsten Spaß.

Weiter im Zentrum angelangt erreicht man auf Höhe der Landungsbrücken einen Beichtstuhl. Hier kann man sich jetzt all seiner Sünden entledigen. Doch ganz so einfach scheint dies in St. Miachaelis, oder von den Hamburgern liebevoll Michel genannt, nicht zu sein. Hamburg erhält durch einen Freund Luthers (Johannes Bugenhagen) 1529 seine erste evangelische Kirchenordnung. So steht Luther höchstpersönlich in Metall gegossen vor diesem beeindruckenden protestantischen Kirchenbau. Ablass kann man wahrscheinlich bei der Turmbesteigung erhalten, diese kostet den Besucher regulär fünf Euro. Dafür hat man einen netten Blick auf den Hamburger Hafen und Hamburg an sich. Aber auch ein Blick in die Michaeliskirche hinein lohnt sich gewiss und man versteht wofür die Gemeinde Geld benötigt. Der Bau musste übrigens nach mehrfachen Zerstörungen wiederaufgebaut werden. Von hier ist es nur noch ein Katzensprung zum nächste Supermarkt bzw. der Hafenstadt.

Prachtvoll thront dort die Baustelle der Elbphilharmonie über unseren Köpfen, im Hintergrund die Kräne des Hamburger Hafens ins Abendlicht getaucht.

„Wer in Hamburg was auf sich hält, bezieht ein teures Loft in den avantgardischen Neubauten der HafenCity. Die gute Nachricht: Ein Bummel durch das neue Quartier tut´s auch.“ (Baedeker. 2013. 16.Aufl. S.206)

Im Tradionsschiffhafen ankern momentan anmutig anzuschauende Segelboote, doch „das Zentrum der HafenCity befindet sich westlich des Magdeburger Hafens.“ (Baedeker. 2013. 16.Aufl. S.208)

Doch zum Stadtkern, dem Rathausmarkt, sind es von hier nur ca. 800 Meter, vorbei an der Port Authority und den wunderschön rot verklinkerten Backsteinbauten der Speicherstadt.

 

Was hat die Ukraine mit Syrien zu tun – wer profitiert vom Konflikt in Eurasien?

Die Lage ist angespannt, die Fronten zwischen Europa, den USA und Russland sind aufgrund der Situation auf der Krim verhärtet. Angeblich rechnet jeder dritte Deutsche mit einem Krim-Krieg. (Spiegel Online. 06.03.14) Auf der jüngsten Podiumsdiskussion der Heinrich-Böll-Stiftung zum Bürgerkrieg in Syrien wurden „Zustände wie im Kalten Krieg“ zwischen den Großmächten beschrieben. Die US-Republikaner feiern schon „Kalte-Krieger-Party“. (Spiegel Online. 07.03.14) So wurde schon in der Veranstaltung über die syrische Tragödie unweigerlich die Situation in der Ukraine aufgegriffen. Das Kräftemessen in Europa nimmt nun den Großteil unserer Berichterstattung ein, Konflikt, Nähe zum Geschehen und eigene Betroffenheit gehören schließlich zu den Nachrichtenfaktoren. Doch der Krieg in Syrien und die Krise in der Ukraine stehen wohl in größerem Zusammenhang, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Daher ist Syrien auch nicht „der vergessene Krieg“, wie Spiegel Online kürzlich berichtet hat.

Europa, die USA und Russland stehen sich zunächst unversöhnlich gegenüber und scheinen divergierende Interessen zu verfolgen – in Eurasien und Nahost. Russland hat dazu beigetragen, dass ein US-geführter Angriff auf Bashar alAssad kurzfristig abgewendet werden konnte. Putin wird dafür in westlichen Medien als Diktatoren-Freund abgekanzelt und die Frage nach der Zukunft Syriens, wie auch jetzt der Ukraine, steht nach wie vor im Raum. Westlich unterstützte Rebellen sind für die Absetzung Assads, Russland für die Aufrechterhaltung seiner Macht, auch der Stabilität in diesem Pulverfass wegen. Eine diplomatische Einigung schien zunächst aussichtslos, doch dann entstand der Konflikt in der Ukraine.

Nouripour, außenpolitische Sprecher der Grünen,  wusste schon bei der Podiumsdiskussion in Halle nicht, was man den Russen für ein Entgegenkommen in Syrien anbieten könne. „Welchen Preis wollen die Russen für ihr Entgegenkommen?“ fragte er sich. Ein Schelm, der dabei an die Ukraine denkt.

Kiev Maidan Flag

Anfang der Woche haben sich Israels Premier Netanyahu und Präsident Obama im Weißen Haus beraten. Dabei ging es auch um die Krise in der Ukraine „which threatens American policies throughout the Middle East.“ (Landler and Barnard. In: NYT. 03.03.14) Die Pattsituation mit Russland habe die amerikanischen Versuche zur Eindämmung des iranischen Atomstreits und Beendigung des syrischen Bürgerkrieges und sogar die unmittelbaren Friedensgespräche zwischen den Israelis und Palästinensern verkompliziert, so US-Regierungsvertreter laut NYT. Russlands Wort hat nämlich bei den meisten dieser Verhandlungen und im UN-Sicherheitsrat Gewicht. Und an der Situation vor der Haustüre Israels ist Netanyahu naturgemäß interessiert. Das sich Schutzpatron Putin vom syrischen Autokraten abwenden wird halten alle für unwahrscheinlich, eine Eiszeit zwischen den USA und Russland erschwert zudem eine diplomatische Lösung im Iran-Atomstreit.

„For Mr. Netanyahu, the biggest threat involves Iran, which has embarked on negotiations for a comprehensive nuclear agreement with the United States, Russia and other major powers.“ (Landler and Barnard. In: NYT. 03.03.14)

Jetzt wird befürchtet dass Russland dem iranischen Präsidenten Rohani die Rolle des bösen Jungen abnimmt und die Welt nur noch auf die Ukraine schaut.

Werden die Medien jetzt als diplomatisches Instrument genutzt, um die Stimmung in der Bevölkerung auszuloten oder die Menschen auf die Möglichkeit weiterer Schritte vorzubereiten? Die New York Times lässt nun in ihrem Bericht zum Netanyahu-Besuch in Washington den Kommentator einer jordanischen Zeitung zu Wort kommen.

‹‹A major question is wheater Russia and the United States could make some kind of grand bargain “to exchange Syria for the Ukraine, whereby the Kremlin will abondon Assad in return for Washington and Brussels´abandoning their allies in Kiev, or vice versa,” as Uraib al-Rintawi, a commentator at the Jordanien newspaper Al Dostor, put it.›› (Landler and Barnard. In: NYT. 03.03.14)

Jetzt wird es wohl erstmal von einem Jordanier ausgesprochen, was andere längst denken –  a grand bargain.  Ist damit der Machterhalt von Putins Protegé Assad im Tausch gegen europäischen und amerikanischen Verzicht auf die Ukraine gemeint? Bisher konnten die Israelis doch ganz gut mit Bashir, er ist für sie berechenbar und seine C-Waffen ist er auch gerade dabei los zu werden. Die Amerikaner stehen seinem Rivalen bestimmt gerne Gewehr bei Fuß, jetzt vor den Midterm Elections. Was denken die Europäer?

„Die Ergebnisse des neuen ARD-DeutschlandTrends zeigen breite Solidarität. So fordert nicht nur eine deutliche Mehrheit von 58 Prozent, dass sich Europäische Union und Bundesregierung klar auf die Seite der Ukraine und gegen Russland stellen sollen.“ (ARD-Deutschland-Trend. März 2014)

Die Lage ist mal wieder kompliziert, überall auf der Welt wird protestiert und rebelliert. Und just vor einer wichtigen Wahl, diesmal in Europa und im November in den Vereinigten Staaten, stehen wir wieder einmal kurz vor einem Krieg. Wie gesagt, die US-Republikaner feiern schon „Kalte-Krieger-Party“. (Spiegel Online. 07.03.14)

Und warum protestieren die Menschen weltweit? Damit können wir uns jetzt erst mal nicht beschäftigen.

Das teuflische Schicksal der Armuts- und Kriegsflüchtlinge

Verraten und verkauft – wie die Menschenrechte durch europäische Flüchtlingspolitik mit Füßen getreten werden.

Am 06. Februar wurden nach einem Beschuss von Flüchtlingen durch Grenzschützer der spanischen Enklave Ceuta in Nordafrika 15 Tote aus dem Wasser geborgen.

Perejil-neutral

Der spanische Innenminister Fernández Díaz musste daraufhin den Beschuss afrikanischer Armutsflüchtlinge mit Gummigeschossen vor dem spanischen Kongress rechtfertigen. Die Flüchtlingswelle auf die spanische Enklave bei Marokko und aggressives Verhalten der Flüchtlinge habe die Sicherheitskräfte zum Gebrauch der Schusswaffe gezwungen, zitiert ihn El Pais. Die Polizei habe ihre Waffen zur Abschreckung genutzt und niemand sei durch den Schusswaffengebrauch getötet worden. (EL PAIS. 13.02.14)

Die 30 Millionen Euro Investition in den Grenzzaun um die zwei von Marokko umgebenen spanischen Enklaven Melilla und Ceuta reichen anscheinend nicht aus.

„Niemand weiß genau warum nach fast zehn Jahren relativer Ruhe der Druck auf Ceuta und Melilla zugenommen hat, doch die spanische Wirtschaftskrise könnte etwas damit zu tun haben. Spanische Beamte geben zu dass Spanien seine Hilfen an Marokko, welches Afrikaner aus der Sub-Sahara in den letzten Jahren von der spanischen Enklave ferngehalten hat, kürzlich mindern musste.“ (Daley. In: NYT. 27.02.14)

Europa ist bankrott – vor allem moralisch betrachtet.

Auf den Vorwurf des Ministerpräsidenten Maltas zur desaströsen Lage auf seiner Flüchtlingsinsel, antwortet die ZEIT:

„Malta fühle sich i[m] Stich gelassen, sagte Ministerpräsident Joseph Muscat in Interviews. „Bis heute hören wir von der EU nur leere Worte.“ Was er nicht sagt, ist, dass Malta seit 2008 mehr als sieben Millionen Euro von der EU für eine menschenwürdigere Behandlung der Flüchtlinge erhalten hat.“ (Friederichs. In: DIE  ZEIT. 02.01.14)

In den vergangenen 10 Jahren haben Malta 419 Boote mit 18.365 Flüchtlingen erreicht. (vgl. DIE ZEIT. 02.01.14) Doch vielleicht wird das Geld zum Schutz vor den Wilden einfach nur an der falschen Stelle investiert. Nachdem im Oktober 2013 über 100 Bootsflüchtlinge vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa ertrunken sind, forderte die zuständige EU-Kommissarin Cecila Malström mehr Mittel für die europäische Grenzschutzagentur Frontex. Eine flächendeckende Überwachung des Mittelmeers solle zukünftige Katastrophen verhindern und mehr Leben retten, so Malmstrom. Der Einsatz von vier Schiffen und zwei Flugzeugen zur Überwachung der Flüchtlingsrouten im Mittelmeer schienen im Jahr 2013 nicht auszureichen.

«Analysts warned, however, that allocating more resources to Frontex, which works primarily to coordinate member states´ border operations, would not automatically make the agency more effective. “Frontex would be very enthusiastic for this kind of wider role, but there is a big question over how this would really work, given that Frontex does not have any direct operational powers,” said Joanna Parkin, a migration specialist at the Center for European Policy Studies, in Brussels.» (Kanter and Pianigiani. In: NYT. 08.10.13)

Ein Republikaner aus dem Einwanderland USA hatte schon die Implantierung von Mikrochips bei Flüchtlingen vorgeschlagen.

Das moralische Dilemma ist groß – Berichte über Misshandlungen und unterlassene Hilfeleistung.

Während starke Industrieländer die eigenen Opfer der Wirtschafskrise mit Sozialleistungen ruhig stellen können, riskieren andere ihr Leben für ein Ende von Armut und Gewalt. Eine Nation die bei negativer Handelsbilanz in Krisenzeiten mehr Arbeitslose durchfüttern muss, will keine zusätzlichen Mitesser von außen. Da nützt es auch nichts dass die ehemalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul meint dass die westliche Handelspolitik mit ihren Subventionen und der Weltbank die Armut in Afrika erhöhe. (s. DIE ZEIT. 04.03.04) EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos zeigte sich zwar im Januar auf der Grünen Woche in Berlin bereit, auf Subventionen für Agrarexporte nach Afrika zu verzichten, knüpfte dies aber an die Öffnung der afrikanischen Märkte. (Maurin. In: taz. 17.01.14) Hier beißt sich die Katze anscheinend in den Schwanz.

Um unseren Wohlstand zu verteidigen muss Europa die steigende Migrationsflut bewältigen und macht dies mit Dämmen und Barrikaden. Da die Mauern anscheinend nicht hoch genug sind wird muss zusätzlich auf Abschreckung gesetzt werden. Hier handelt es sich um eine Investition auf Kosten der Menschenrechte. Diese werden woanders gerne zur Legitimation von Militäreinsätzen herangezogen.

„Bringt die Globalisierung Vorteile auch für die Schwächeren, oder schöpfen nur die Großen ab? An diesem Punkt entscheidet sich die Glaubwürdigkeit der Industrieländer.“ (Wieczorek-Zeul. In: DIE ZEIT. 04.03.04)

Alle EU-Grenzstaaten wollen mehr Geld für die Verteidigung der Außengrenzen vor menschlichem Elend.

„In einer seiner letzten Amtshandlungen erklärt Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), im seien Forderungen nach größerer Solidarität Deutschlands oder gar einer Änderung der europäischen Asylpolitik «unbegreiflich».“ (Emke. In: ZEIT Magazin. 27.02.14. S.18)

Im März 2011 dümpelt ein manövrierunfähiges Flüchtlingsboot mit libyschen Flüchtlingen zwischen Italien und Libyen im Mittelmeer. Am Ende mussten über 60 Männer, Frauen und Kinder auf offener See verdursten, trotz Notruf bei der italienischen Küstenwache, einem NATO-Flugzeugträger im dortigen Gewässer und Zeugenaussagen zu kreuzenden Armeehubschraubern.

«Das Generalkommando der italienischen Küstenwache bestätigte SPIEGEL ONLINE, dass ein Notruf eingegangen sei und dass man diesen an die Kollegen in Malta weitergeleitet habe. „Das Flüchtlingsboot befand sich außerhalb der italienischen Such- und Rettungszone“, sagte der Kommandant Cosimo Nicastro.» (Langer u. Stock. In: SPIEGEL ONLINE. 09.05.11)

Karte Migrationsrouten im Mittelmeer
Quelle: NordNordWest/Wikipedia, Lizenz
Überlebende auf der

Flucht zu Lande oder See berichten über Misshandlungen. Die Situation in Afghanistan und Syrien veranlasst ebenso viele Menschen zur Flucht in die Wagenburg namens Europa. Von der Türkei versuchen einige über das Meer Griechenland zu erreichen, um dort verstoßen zu werden. „Amnesty wirft Griechen massive Misshandlung von Flüchtlingen vor“. (SPIEGEL ONLINE. 09.07.13) Solche Vorwürfe beschränken sich jedoch nicht auf einzelne EU-Länder. Man stelle sich vor ein von Krieg und Armut Verfolgter ist jahrelang unter lebensbedrohlichen Umständen auf der Flucht, wird schließlich beim Versuch die Grenze zur EU zu überwinden gewaltsam daran gehindert und sollte er es doch geschafft haben, heimlich deportiert.

„Accusations abound that Spanish forces are actually returning the immigrants to Morocco even when they do arrive successfully on Spanish soil and are entitled to apply for asylum.” (Daley. In: NYT. 27.02.14)

Daher versuchen die Flüchtlinge nach erfolgreicher Flucht auf sich aufmerksam zu machen, bevor sie ungesehen wieder schnell verschwinden. Flüchtlinge die es bis zu den Mauern der spanischen Enklave Melilla geschafft haben, leiden heute an gebrochenen Gliedmassen – wegen Zusammenstößen mit der marokkanische Polizei, wie sie sagen. „They asked for visits from the Red Cross“, dass uns die Situation der Flüchtlinge auch im eigenen Land veranschaulichen möchte. Wie willkommen sie in Deutschland sind, illustriert uns die ZEIT.

„Im Übrigen ist Entwicklungspolitik immer die kostengünstigste Sicherheitspolitik.“ (Wieczorek-Zeul. In: DIE ZEIT. 04.03.04)

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